Mittwoch, 19. Februar 2014

Großes Glück gehabt oder "Die Straße nach San Augustin ist sicher"



19.02.2014

Bei Mercedes in Lima könnten wir das Auto stehen lassen, sie wollen aber knackige US$250/Monat. Da wir unser Geld leider nicht drucken können, sagen wir, nachdem wir es eine Nacht überschlafen haben, ab. Damit müssen wir uns dann wieder unterwegs um die Wartung kümmern, bei denen lassen wir nun natürlich nichts machen.

Um 9:30 starten wir nach San Augustin und eine Stunde und nur 30km später stehen wir über eine Stunde, zwei LKWs haben sich an einer Engstelle unsanft berührt. Nun stehen sie und streiten und warten auf die Polizei. Unfallstelle schnellstmöglich räumen bei den paar Beulen? Auf keinen Fall, sollen doch etliche Busse, LKW, PKW und auch wir warten. Wir, besser gesagt, Irmi stehen im Mittelpunkt des Interesses, alle wollen alles wissen, bewundernde Blicke sind auf uns gerichtet. Und es wird viel gelacht, Kolumbianer sind offen, kommunikativ und freundlich. Körperkontakt ist wichtig, Hand geben, auf die Schulter klopfen, am Arm nehmen, sofort sind alle Schranken weg, auch bei Polizei und Militär.

Die Straße ist entweder eine Baustelle, eine ganz neue Betonpiste oder eine unbefestigte, mörderische, zum Teil schmierige Schlaglochpiste, das letztere überwiegt für geschätzte sechzig Prozent der 135km. Auch an den steilsten Abbrüchen gibt es keine Sicherungsmaßnahmen, geschweige denn Leitplanken. Auch Hangsicherung gibt es nicht, so sind überall die Reste von z.T. sehr großen Erdrutschen aus der letzten Regenzeit zu sehen. Die Straße zieht sich hinauf von 1750m auf 3200m, wieder hinunter auf 1300m und dann wieder auf 1600m, da muss unser Auto ordentlich arbeiten und schluckt entsprechend. Viele Steigungen sind nur im 2. Gang Vollgas zu bewältigen, da muss der Motor ordentlich mit Diesel versorgt werden. Aber wie sagt mein Freund Roman immer „Das Zeug gibt es an jeder Ecke zu kaufen“.

Ganz oben, es ist nur 13° warm, leichter Nebel wabert, die Strecke geht eben hin, sehe ich einen Kleinbus mitten auf der Straße stehen, schwarz gekleidete Gestalten laufen herum. Ich rieche förmlich die Gefahr und entscheide mich mit der maximal möglichen Geschwindigkeit links, fast im Straßengraben am Bus vorbei zu fahren. Irmi schreit „nicht so schnell“, sie hat die Situation noch nicht erfasst. Neben dem Bus, auf der Böschung steht ein junger, finster dreinblickender Kerl, schwarz gekleidet, Gummistiefel und Kalaschnikow. Ich gebe Gas und rase ein paar Kilometer so, dass wir uns kaum auf den Sitzen halten können.  Fünf Kilometer weiter informieren wir einen Armeeposten über das Erlebte, Hektik oder Jagdfieber kam deswegen dort nicht auf.  

Am Ziel in San Augustin auf unserem Campingplatz analysieren wir noch einmal die Situation. Wahrscheinlich haben mehrere Guilleros den Bus gestoppt, bis auf einen waren alle im Bus und der eine war mit der Situation überfordert, so konnten wir einfach vorbei fahren.

Der Campingplatz behagt uns, endlich mal wieder stehen wir auf grüner Wiese mit Bäumen und Blick in eine grüne Landschaft, sie erinnert uns an die Landschaft rund um den Bodensee. Morgen werden wir in aller Ruhe die Ausgrabungen besichtigen und noch eine Nacht bleiben, denn wir wollen auf keinen Fall in die Dunkelheit kommen bei der Rückfahrt nach Popayán. Davon hat man uns mehrfach dringend abgeraten, dann nämlich kommt auch noch das Risiko der Banditen hinzu. Wir haben für die 130km über fünf Stunden reine Fahrzeit gebraucht, mit den Stopps an Baustellen und an der Unfallstelle fast sieben Stunden.




Etwas Gutes hatte dann das ganze Geschaukele doch, die Wäsche in der Waschmaschine war noch nie so sauber. Für die später hinzugekommenen, Waschmaschine nennen wir eine Kiste mit Deckel, in der wir Waschlauge und Wäsche einfüllen, den Rest erledigt die Bewegungen des Autos. Spülen und Schleudern, also auswringen müssen wir natürlich noch.

Den Abend verbringen wir endlich mal wieder draußen mit schönem Blick auf die Landschaft. Mit der Dunkelheit wird es kühl und wir ziehen die Fleecejacken an, später noch die Daunenwesten darüber, die Temperatur ist auf 15°C gefallen. So nah am Äquator müssen wir uns warm anziehen. Plötzlich ist die ganze Gegend Dunkle, Stromausfall. Selbst die roten Warnleuchten an den Sendemasten auf dem Berg gegenüber sind aus, offensichtlich gibt es keine Notstromversorgung für diese wichtigen Kommunikationseinrichtungen. Nach 15min ist der Strom wieder da.
 


Unser Standort 1.88823, -76.27693, 1650m hoch 

Unsere Route 

Dienstag, 18. Februar 2014

Popayán

18.02.2014



Auf dem Weg nach Popayán fahren wir hinter einem LKW den Berg hoch, an dessen Heck sich ein Jugendlicher mit einem BMX-Rad gehängt hat, das amüsiert uns. Dann schießt mir der Gedanke durch den Kopf „und bei uns“? Die Rückfahrkamera zeigt es eindeutig, auch bei uns hängt einer am Heck, das amüsiert mich gar nicht! Ich fahre teilweise 70, er bleibt dran bis ganz oben, dann klinkt er aus.

Etwas später überholt mich ein Audi Q7 und hängt dann zwischen mir und dem voraus fahrenden LKW.  An einer Stelle, an der ich überholt hätte, weit vorne kommt zwar ein Fahrzeug, aber mit einem Q7 käme man da zweimal vorbei, setzt er an, aber bricht dann den Überholvorgang ab. Der Entgegenkommende ist vorbei und eine unübersichtliche Kurve kommt, für den Q7-Fahrer offensichtlich die ideale Stelle zum Überholen, da sieht man keinen irritierenden Gegenverkehr, der dann auch prompt kommt. Nur scharfes Bremsen des Entgegenkommenden verhindert einen schweren Frontalzusammenstoß. Dieses Verhalten haben wir oft beobachtet, überholt wird nur, wenn man nichts sieht, da irritiert einen auch nichts. Auf den Bergstraßen, wo die Geschwindigkeiten niedrig sind, mag das ja meist glimpflich ausgehen, hier war der Q7 aber mindestens 80km/h schnell.

Popayán ist eine weiße Stadt, die alten Kolonialbauten sind alle weiß gestrichen, es macht Freude durch die Straßen zu bummeln, leider tun wir das bei leichtem Gewitterregen. Und die Stadt ist jung, viele Studenten sind in der Stadt, die Universität ist auch in alten Kolonialgebäuden untergebracht. Die Touristenpolizei versichert uns, der Weg nach San Augustin ist sicher, aber mindestens fünf Stunden lang, dabei sind es nur 120km. Also werden wir morgen nach San Augustin aufbrechen.

Unser Standort, ein bewachter, eingezäunter Parkplatz  2.44647, -76.61378, 1750m hoch.
Vom Hotel gegenüber weht uns ein freies Internet herüber.

Weiter nach Cali



17.02.2014

Wir fahren hinunter in das Tal des Cauca, der zwischen den beiden Kordilleren in Richtung Karibik fließt. Vorbei geht es an Kaffee- und Bananenplantagen und Zuckerrohrfeldern, alles in Steillagen, die ich nur angeseilt betreten würde. Auch riesige Bambusstämme in kleinen Wäldern stehen am Straßenrand. Unten, also auf 900m angelangt, ist es wieder heiß und die Straße wird vierspurig und ist im besten Zustand. Das macht sich auch in der Maut bemerkbar. Die Mautstellen werden häufiger und die Maut ist höher. An fast jeder Mautstelle das gleiche Spiel, wir wollen in die Kategorie 1, die billigste, eingestuft werden, was uns auch letztendlich immer gelingt. Kriterium dafür sind zwei Achsen und vier Räder, hätten wir hinten Zwillingsreifen, wären wir Kategorie 2. Manchmal gehen die Mädels, es waren bisher immer junge Frauen, aus ihrem Häuschen nach hinten, bestaunen die riesigen Reifen, zucken mit den Schultern und ändern die Kategorie. Lustig, ein kleiner Transporter mit winzigen Zwillingsreifen hinten bezahlt mehr als wir. Aber so sind die Tarifbestimmungen. In Buga fahren wir in den Ort, um nach einem Dieselfilter zu schauen. Vor einem Autoteilehändler halte ich und wir fragen. Ja, man habe, aber es müsse geprüft werden, ob der passt. Ich verstehe, ich solle dazu das Führerhaus kippen. Sofort sind drei ölverschmierte Typen am Auto, einer sitzt bereits am Motor und schraubt an meinem Dieselfilter herum. Man hat gemeint, er soll gewechselt werden. Irmi kann die drei und ihren Tatendrang stoppen. Ich habe den alten als Muster aufgehoben und wir vergleichen, könnte passen, also nehmen wir zwei mit.

In einem Restaurant, in dem wir zu Mittag essen, warnt uns der Besitzer in bestem Englisch vor der Straße nach San Augustin, sie sei in einem miserablen Zustand und ggf. auch nicht sicher, wir sollen uns auf jeden Fall bei Polizei und Militär über die Sicherheitslage informieren, werden wir ganz sicher tun. In Cali bleiben wir an einer Esso-Tankstelle an der Straße nach Popaján stehen, wir dürfen über Nacht bleiben.  

Unser Standort 3.33396, -76.52469, 1030m hoch.

Montag, 17. Februar 2014

Weiter in Richtung Süden



16.02.2014

Nach dem Frühstück wechsele ich den Dieselfilter, nun ist mein Vorrat aufgebraucht. Mit viel Hallo und Gewinke verabschieden wir uns bzw. werden verbabschiedet von den netten Busfahrern von Estrella. Nett sind sie, aber fahren tun sie wie Idioten. Verlangt haben sie für die zwei Nächte keinen Peso!

Unten im Ort dann, Fahrradfahrer, nicht als Fahrradfahrer auf teuersten Rädern, Mountainbikes wie Rennrädern und natürlich die dazu passenden Klamotten bis hin zum neuesten Helm. So wie unter der Woche Motorradfahrer um uns herumschwirren wie Motten um das Licht, so tun es heute am Sonntag die Radfahrer. Bis hinauf auf die Passhöhe auf 2200m, Radfahrer über Radfahrer und fast alle mit einer Mordskondition. Wir sind baff, das hatten wir nicht erwartet, dass in dem Bergland Kolumbien Radfahren so populär ist.

Wir folgen der 25 in Richtung Süden, zum Teil entlang des Cauca, der hier so wild ist wie ein kanadischer Fluss. Die Palmen am Ufer aber lassen keine Zweifel aufkommen, hier ist nicht Kanada.

Zwei Baustellen mit langen Wartezeiten sorgen dafür, dass wir heute nicht allzu weit kommen. An der ersten spricht uns ein junger Motorradfahrer in bestem Deutsch an, er ist Kolumbianer, liebt die deutsche Sprache und war auch schon in Deutschland. Er will unsere Email-Adresse, damit er uns seine schicken kann und wenn wir Hilfe bräuchten, er würde sich kümmern. Motorrad und Outfit sind vom Feinsten, Kolumbien prosperiert.

Wir langweilen uns an den Baustellen und was tun die Trucker? Sie wienern ihre Trucks, selbst unter der Motorhaube! Ich habe noch nie so gepflegte LKW gesehen wie in Kolumbien. Selbst Motor und Unterboden sind bei fast allen immer pikobello sauber, an der Einstiegsschwelle von einem ist sogar ein Fußabstreifer eingebaut. Ich fange an, mich zu schämen, unserer hat seit Jahren weder Motorwäsche noch Unterbodenwäsche bekommen, das erledigt der Regen. Auch Innen putze ich auch nur unregelmäßig raus bzw. wische Staub.

In Anserma machen wir gegen 16:00 Schluss, leider mal wieder bei den Truckern zwischen Trucks, die sogar verchromte Kardanwellen und Batteriekästen haben. Alles blinkt.

Eine hervorragende, frittierte Forelle aus den umliegenden Gewässern, die wir in einem Restaurant stilvoll samt Kerze auf dem Tisch serviert bekommen, entschädigt uns ein wenig dafür.

Unser Standort 5.23630, -75.78364, 1750m hoch