Sonntag, 31. März 2013

Abschied von der Baja



28.03.2013

Gleich hinter der Ausfahrt aus dem Platz eine Polizeikontrolle der Bundespolizei. Natürlich will man in das Auto und man lässt sich auch von Kollegen fotografieren dabei! Ansonsten sind sie sehr freundlich und korrekt, verabschieden uns mit Handschlag und schenken uns noch etliche Memory-Spiele für die Enkel.

An der Einfahrt zum Hafen dann ist Zollkontrolle, wir sind völlig überrascht, warum gibt es einen Zoll innerhalb Mexikos? Eine kleine, freundliche, aber überkorrekte Zöllnerin kontrolliert die Papiere, will die Fahrgestellnummer des LKWs sehen und entdeckt dann das Moped. Ohne Papiere? Geht nicht! Das sah der Zöllner in Tecate noch ganz anders. Also ab zum Zoll (bajercito), die notwendigen Einfuhrpapiere ausstellen lassen und 3800 Pesos (230 €) Kaution hinterlegen. Die ganze Prozedur dauert fast eine Stunde, alles wird umständlich kopiert, in den Computer eingegeben, dann wird wieder was mit der Hand ausgefüllt, ein völlig aufgeblähtes und intransparentes Verfahren. Zum Schluss kann das freundliche Mädchen (gutes Englisch!) die Fahrgestellnummer des Mopeds nicht in den Computer eingeben, er akzeptiert nur US-Format. Nach längeren Telefonaten darf sie handschriftlich die Nummer eintragen und wir bekommen die Papiere. Während das Auto 10 Jahre in Mexiko bleiben darf, muss das Motorrad bis zum 09.09.13 Mexiko verlassen. An der Grenze sollen wir auch die hinterlegten Gelder zurückbekommen.

Zurück zur Kontrolle will natürlich die kleine (wirklich, maximal 1,5m groß, aber mit dicker Pistole) Zöllnerin auch noch die Fahrgestellnummer des Mopeds sehen. Da ich selber keine Ahnung habe, wo die ist, lasse ich sie suchen. Letztendlich klettert sie auf den Heckträger, ich habe ihr freundlicherweise die Leiter angelegt und verkündet stolz, sie habe sie gefunden. Das genügt, richtig vergleichen muss man dann nicht mehr! Endlich sind wir durch und reihen uns ein in die Warteschlange der LKWs. Bevor ich auf die Fähre fahre, muss Irmi aussteigen, durch eine Sicherheitskontrolle wie am Flughafen gehen und zu Fuß an Bord laufen. Ich fahre ohne jegliche Kontrolle (rückwärts, wie alle, auch die langen Sattelzüge!) auf die Fähre, bekomme meinen Platz zugewiesen und gehe, völlig verschwitzt, weil ich den LKW in eine enge Lücke hineinzwängen musste, nach oben.

Die haben einen Knall, die LKWs samt Fahrer kommen völlig unkontrolliert an Bord, bei Passagieren macht man ein Buhei, wozu das Ganze?

Die Überfahrt ist so langweilig wie alle Fährpassagen. Wir vertreiben uns die Zeit mit der Beobachtung des ausschließlich mexikanischen Publikums sowohl an Deck als auch im Restaurant, wo man in langen Schlangen ansteht, das im Fährpreis inbegriffene Essen zu fassen. Wir tun das irgendwann auch, keine kulinarisches Erlebnis, aber es gibt keine Alternativen außer nichts Essen. Wir überbrücken die Wartezeit mit einem Bier an der Bar  und beobachten die verschiedenen Arten, wie Mexikaner Bier trinken. Einer nimmt eine geviertelte Limette, die hier überall herum stehen, streut kräftig Salz darauf und träufelt das Ganze auf die Trinköffnung der Bierdose. Und runter damit. Ein anderer ersetzt das Salz durch scharfen Saft ähnlich Tabasco. Ein Dritter beißt vor jedem Schluck Bier in eine Limette. Aber es gibt auch solche, die das Bier ganz normal trinken so wie wir, jeder so wie er mag.

Nach dem Essen beginnt in der Bar ein buntes Treiben, mexikanische Musik aus der Konserve, eine die Barfrau singt dazu, der Text läuft auf Bildschirmen und das Publikum tanzt und singt mit. Man darf halt keine Gelegenheit zum Feiern auslassen. Alkohol wird reichlich konsumiert, auf manche Tische passt keine Dose mehr.

Gegen 21:00 erreichen wir Topolobampo und ich begebe mich in die Schlange der wartenden Fahrer. Man darf da nicht einfach zum Auto, nein, es wird mal wieder die Fahrkarte kontrolliert, zum gefühlten fünfundzwanzigsten Male. Irmi darf natürlich wieder nicht mit, sie muss zu Fuß von Bord und steht fast eine Stunde in der Schlange, da immer nur geordnet ca. 40 Personen vom Schiff gehen dürfen.

Im Laderaum stehen die Autos bzw. Sattelanhänger ohne Zugmaschine (sie werden von Spezialschleppern bewegt) dicht an dicht, um an mein Auto zu kommen, muss ich unter den Anhängern durchkriechen, daran vorbeigehen geht nicht. Und es stinkt, die Dieselaggregate der Kühlfahrzeuge sind natürlich während der ganzen Überfahrt gelaufen und haben die Abgase in den Laderaum geblasen, der nur hinten offen ist, sonst unbelüftet.

Wir fahren in Richtung Los Mochis, dort soll es einen Campingplatz geben, es ist nun schon nach 23:00. Nach wenigen Kilometern flotter Fahrt Polizei am Straßenrand, ich sehe einige Taschenlampen, denke mir aber nichts dabei und fahre vorbei.

Dann wieder das Gleiche, kurz danach habe ich Blau und Rot samt Sirene und Stiergebrüll (wirklich!!) hinter mir, die Polizei. Zwei schwer bewaffnete Polizisten (mit Maschinenpistole) beschuldigen mich, ich sei zu schnell gefahren. Ich soll am Montag auf die Wache kommen und eine Strafe bezahlen. Nach intensiven Verhandlungen, Irmi übertrifft sich selbst einerseits, versteht dann an den entscheidenden Stellen angeblich wieder nichts, was die Sache allmählich entspannt. Die Strafe handelt sie von 900 auf 500 Pesos herunter, also €35, und wir einigen uns, sie sofort und ohne Quittung zu bezahlen. Das Ostergeschenk an deren Familien ist gesichert! Ansonsten waren sie freundlich, einer zeigt mir seine Maschinenpistole, eine Beretta und meinte, sie käme aus Deutschland. Ich habe ihn aufgeklärt, Beretta sei eine italienische Firma (steht auch auf dem Teufelswerkzeug) und bin von ihm ehrfürchtig angeschaut worden.

Wir finden den Campingplatz nicht, aber wahrscheinlich wäre der ohnehin geschlossen gewesen, also übernachten wir auf einem LKW-Parkplatz an einer Tankstelle am Highway. Selbst die die ganze Nacht laufenden Motoren der Trucks stören unseren Schlaf nicht.


29.03.2013

Wir haben erstaunlich gut geschlafen und stehen erst um 8:00 auf, starten in Richtung El Fuerte. Viele fahren ab hier per Eisenbahn über die Sierra in den Copper Canon. Wir entscheiden uns dagegen, denn zweimal 8 Stunden Zug fahren samt Übernachtung im Hotel Creel lockt uns nicht. Dafür müssen wir auf den Blick in den Copper Canyon verzichten, der größer als der Grand Canyon ist.

In San Blas fahren wir an den Bahnhof, völlig überdimensioniert, und beschauen die Eisenbahntechnik. Ein Sicherheitsmitarbeiter der Bahn, Victor, (Aufdruck auf der Sicherheitsweste) spricht uns an, ob wir Hilfe brauchten. Wir lehnen dankend ab, dennoch begleitet er uns. Wir schauen uns ein wenig um, um dann weiter nach El Fuerte zu fahren.

In El Fuerte stellen wir das Auto mitten in der Stadt ab und laufen durch die Altstadt im Kolonialstil, der Kern stammt aus dem 16. Jh. Es ist Markt und wir staunen über das zum Teil einfältige Angebot, viele Händler bieten billigen Plastiktand an, den eigentlich keiner braucht. Und doch scheinen sie damit Geschäft zu machen. In der Kirche sind, ganz in der Tradition von Karfreitag, alle Figuren und Bilder mit lila Tüchern verhängt. Allerdings ist der Brauch, am Karfreitag kein Fleisch zu essen, hier nicht verbreitet, vielmehr sind überall Grillstände aufgebaut, man grillt vor allen ganze Hühner. Überall spielt Musik und die Menschen feiern.

Hoch zum Museum ist es mir zu mühselig zu Fuß, das Thermometer hat in der Zwischenzeit die 35 Grad überschritten, also fahren wir.

Man hat von dort einen wunderbaren Blick über die Stadt und das grüne Tal, denn hier fließt der Rio Fuerte, sozusagen der Colorado von Mexiko, er hat den Copper Canyon erschaffen.

Gegenüber dem Museum ist ein interessanter Innenhof, den wir erkunden. Es stellt sich heraus, er gehört zu einem wunderbaren Hotel, das in der alten Zitadelle entstanden ist. Wir beschließen, an der Bar eine Pina Colada zu nehmen.  Wir genießen die Zeit und schauen der mexikanischen Mittelschicht zu, die hier ihre Ostertage verbringt. Der Besitzer, ein ungemein gut aussehender Mexikaner von 55 Jahren, wie er erzählt, plauscht mit uns.

Das Motel mit Campingmöglichkeit ist leicht zu finden, schon von Weiten ist ein riesiger RV zu sehen. Jim Morgan, der Besitzer des RV, ist Amerikaner, sehr gebildet und mit eigenen Überzeugungen. Er will nächstes Jahr Europa mit dem Zug bereisen. Insbesondere die dortigen Museen sind ein angenehmes und umfangreiches Thema, aber auch die politische Lage wird am Abend mit ihm diskutiert.