Dienstag, 26. August 2014

24.08.2014 Auf schwieriger Piste in schöner Landschaft


Wie erwartet, wecken uns die Kirchenglocken um 6:45 Uhr, so sind wir schon früh unterwegs. Der Weg, den wir fahren wollen, ist in der Karte als „im Bau“ eingezeichnet. An der Mautstelle fragt Irmi, ob er mit unserem Auto befahrbar sei, kein Problem, meint das Mädel, dass die 2 Euro Maut kassiert. Das stimmt nicht ganz, denn wir brauchen für die 120km über fünf Stunden, so schlecht ist die Piste. Außerdem ist sie so staubig, dass ein richtiges Rallye Dakar Feeling aufkommt. Überholen ist auf den besonders staubigen Passagen unmöglich, kommt einer entgegen, muss ich schon mal stehen bleiben, weil die Sicht auf null sinkt. Die Piste ist gut befahren von LKWs, die meist Zement oder Ziegelsteine geladen haben. Dementsprechend langsam sind sie am Berg, für mich die beste Gelegenheit zum Überholen, denn bei der langsamen Fahrt staubt es relativ wenig und der 1017 hat das bessere Leistungsgewicht, also PS pro Tonne, so kann ich meist sehr zügig vorbeiziehen, so es die Schlaglöcher zulassen. Unser Auto erträgt das Wellblech und die vielen Schlaglöcher klaglos, auch die vielen Vollgasstrecken in den unteren Gängen machen ihm nichts aus. Es scheint wieder topfit zu sein. Ganz ohne kräftigen Durst sind solche Passagen aber nicht zu meistern.
Trotz des Gerüttels  und des Staubs, die Fahrt auf dieser Strecke hat sich gelohnt. Grandiose Ausblicke in eine grandiose Landschaft. Manchmal haben wir das Gefühl, im Grand Canyon zu sein, mit dem Auto! Der Fluss unter uns heißt auch Colorado.
Trotzdem sind wir erleichtert,  als wir wieder eine Teerdecke unter den Rädern haben.  
Wir bleiben stehen und wollen Getränke aus dem Kühlschrank zu holen, das Zahlenschloss, das die Treppe sichert, geht nicht auf, vielleicht ein Ergebnis der Rüttelpiste. Ich knacke es mit einem Montiereisen, was so alles kaputt geht auf so einer Reise. Mein Freund Michael hat mir geschrieben, als ich ihm mein Leid geklagt habe wegen der Probleme, die meisten Weltumsegler sagen, sie sind nicht um die Welt gesegelt, sondern haben sich um die Welt herum repariert. Nun, so schlimm wird es hoffentlich nicht.
In Saimapata gibt es eine Vorinkastätte, dort hoffen wir, übernachten zu können. Nach 3km abenteuerlicher Piste kommt eine kleine Furt durch einen Bach und es steht Camping auf einer Hütte. Der Weg zu den Plätzen ist nur etwas für kleine, aber hochgeländegängige Fahrzeuge, teilweise im Bach. Für uns langt aber der Platz jenseits des Baches gerade, wohl unser romantischster Standplatz seit langem. Im Bach steht ein alter Geländewagen und wird von seinem Besitzer samt Familie sorgsam gewaschen, was für ein Umweltbewusstsein.
Leider ist es am Abend doch noch schlimm geworden, die Welle, die den Toilettenschieber öffnet und schließt, ist gebrochen. Wir haben im wahrste Sinne des Wortes ein Scheißproblem.


23.08.2014 Sucre und dann weiter in Richtung Tiefland



Duschen und rasieren entfällt erst einmal, da ich keine Lust habe, mich kalt zu duschen und kalt zu rasieren. In Sucre parken wir unterhalb des historischen Zentrums, jetzt ist ausreichend heißes Wasser vorhanden, jetzt wird geduscht. Viele, steile Treppen führen zur Altstadt hoch. Nahe des Plaza Mayor finden wir ein Cafe mit Internet, dort frühstücken und interneten wir ausgiebig zu Oldies, ein idealer Samstagvormittag mit dem 1. Spieltag der Bundesliga und Hannover gewinnt gegen Schalke.
Sucre ist eine Kolonialstadt par excellence mit wunderbaren, weißen Kolonialgebäuden. Aber die Straßen sind eng, die Fußwege sehr schmal und der Verkehr mehr als dicht. Sucre ist offiziell die Hauptstadt von Bolivien, auch, wenn heute alle Regierungseinrichtungen in La Paz sitzen. Das alte Regierungsgebäude ist ein kolonialer Traum, ebenso das Gebäude der Freiheit, in dem die Unabhängigkeit Boliviens unterzeichnet wurde. Auf der Suche nach Bier und Brot durchstreifen wir die Altstadt und werden auch fündig in einem unglaublich engen Supermarkt. Wir kaufen 16 Dosen Bier und Brot. An der Kasse hält Irmi eine Dose der Kassiererin hin und sagt 16. Die schaut in den Wagen, zählt nach und sagt „Nein, nur 15“. Natürlich, die 16. hat sie in der Hand. Was soll man dazu sagen? Wir schleppen das Zeug zum Auto, in diesem Stopp und Go Verkehr macht es gar keinen Sinn, ein Taxi zu nehmen.
Ich tanke für 300 Bolivianos, Preis für Bolivianer, jetzt muss ausgerechnet werde, welcher Aufschlag für Ausländer hinzukommt, 443 Bolivianos, dafür und für die 300 Bolivianos muss nun eine Rechnung von Hand geschrieben werden, natürlich mit Name, Nationalität, Passnummer und Kennzeichen. Und nun muss zusammengezählt werden 300 und 443, was natürlich nur mit Taschenrechner geht. Wir demonstrieren die Überlegenheit unseres Bildungssystems, indem wir seit geraumer Zeit das Geld bereits passend bereit haben. Das Ganze ist so spannend, dass eine Dame im Kostüm der Tankwartin und zwei weitere Mädels gespannt zuschauen. Hinter uns stauen sich die Autos zu einer langen Schlange, aber das ist normal an den Tankstellen hier.
Am Stadtrand beschauen wir die Spuren der Dinosaurier, die hier die fast senkrechte Wand hochgelaufen sind. Natürlich nicht, der Boden, auf dem über 300 verschiedene Dinoarten über 5000 Fußabdrücke hinterlassen haben,  ist hier durch die Faltung fast senkrecht aufgestellt worden.  Wir finden es beeindruckend, aber nicht so beeindruckend, dass wir deswegen stundenlang an einer Führung teilnehmen wollen.
Weiter geht die Reise in Richtung Nordosten, dem Tiefland und dem Regenwald entgegen entlang dem Rio Grande, der derzeit alles andere als grande ist. Aber die Böschungsbefestigungen an Flussbiegungen und Brücken sowie die Breite des Kiesbettes zeigen, was hier in der Regenzeit los sein kann.
Jetzt wird Kies und Sand abgebaut im Flussbett, an und in dem Rinnsal des Flusses werden Autos gewaschen, flussabwärts dann waschen die Frauen ihre Wäsche. Umgedreht wäre es sinnvoller!
Wir kommen herunter auf 1700m Höhe und die Temperatur steigt auf unglaubliche 37°C an, wir fassen es kaum und schwitzen vor uns hin. Auf staubiger und meist sehr schlechter Piste, teilweise einspurig geht es in Richtung Aiquile. An einer einspurigen Engstelle (solo carril) von mehreren hundert Meter, ich bin bis auf ein paar Meter durch, fährt ein LKW in die Engstelle ein und ist der festen Überzeugung, ich fahre zurück. Er hat fünf Meter, ich vielleicht fünfhundert. Mir reist der Geduldsfaden bei so viel  Dummheit, er muss mich gesehen haben, denn ich habe die Dachscheinwerfer an, trotz des Sonnenscheins. Ich brülle ihn auf Deutsch an, zusätzlich schreie ich Retorno, passt zwar nicht, wirkt aber, er fährt zurück und winkt auch noch, als ich passiere. In Aiquile finden wir einen Platz vor einer Kirche an einem kleinen Park. Es sind nur noch 27°C, wir sitzen auf einer Bank, trinken das verdiente Feierabendbier, später einen Rotwein und beobachten das Treiben um uns herum. Wir hingegen werden kaum beachtet.