Um 5:30 bringt uns der Campingplatzbesitzer in seinem Auto
nach Poroy, dem Startpunkt des Touristenzuges nach Aquas Calientes. Um 6:40
startet der Zug pünktlich, er ist nicht ganz ausgebucht, so haben wir am
Vierertisch kein Gegenüber, sehr angenehm. Mit 20 bis 45km/h zuckeln wir in Richtung
Aquas Calientes bzw Machu Picchu. Ein kleiner Snack wird serviert, dann werden
Devotionalien angeboten, wie im Ferienflieger. Das Personal, drei Personen je
Wagon! ist sehr nett und bemüht. Die junge Dame, die uns bedient, erreicht im
Stehen mit hohen Absätzen gerade mal meine Größe im Sitzen. Egal, sie ist nett,
freundlich und engagiert. Das Personal stand vor der Abfahrt auch an der Türe
und kontrollierte die Fahrkarten samt Ausweise, damit sich ja keiner einschmuggeln
kann.
Nach dreieinhalb Stunden, 120km und 1500 Höhenmeter tiefer
erreichen wir nach abwechslungsreicher Fahrt
den Urubamba, den heiligen Fluss der Inkas, das Nest Aquas Calientes. Hier
steigen wir in den Bus um, der uns für schlaffe $36 (für beide hin und zurück)
auf der serpentinen- und schlaglochreichen Bergpiste die 400 Höhenmeter hinauf
nach Machu Picchu bringt. Die Alternative Laufen auf über 1000 Treppenstufen
haben wir, nur aus Zeitgründen natürlich, außer Acht gelassen. Wartezeiten am
Bus gab es wider Erwarten keine.
Machu Picchu fasziniert, auch wenn es ein doch stark
frequentierter Touristenmagnet ist, man muss es gesehen haben. Wir steigen
sofort steil hinauf zur Inkatreppe, der Weg dorthin ist teilweise sehr
ausgesetzt und erfordert Schwindelfreiheit. Einfach überwältigend, was diese
Menschen mit einfachsten Mitteln hier geschaffen haben. Dies gilt dann auch für
die Stadt, ihre Paläste und Häuser. Von der Inkabrücke wandern wir zurück in
die Oberstadt, zum Tempelbezirk und zum Haus des Inkas. Wir bewundern die
unglaublich steilen Terrassen, auf denen Landwirtschaft betrieben wurde, sie
sind manchmal nur 2m breit und die nächste liegt 2m oder mehr tiefer. Nach mehr
als eintausend Jahren später halten die Mauern die Terrassen immer noch,
moderne Stützmauern unserer Zeit können da nicht mithalten.
Wir genießen sowohl die Landschaft, die Tiefblicke und die
Weitblicke. Gegen 15:00, das Wetter scheint umzuschlagen, begeben wir uns zum
Bus und fahren ins Tal.
In einer Pizzeria, direkt am Bahngleis lassen wir uns
nieder, es regnet nun in Strömen. Trotzdem geht das Leben weiter, Züge fahren
fast durch das Lokal. Der Regen hört auf und wir bummeln durch den Ort, hinauf
zu den heißen Quellen (wir bedauern sehr, unsere Badesachen vergessen zu haben,
und leihen wollen wir nun doch nicht) und wieder hinab zum Bahngleis, wo aus
den Güterwaggons alles ausgeladen wird auf Karren, Schubkarren und Träger, was
der Ort braucht, denn ein Fahrstraße hierher gibt es nicht. Auch die Busse, die
Baumaschinen, die LKW, der Diesel, alles kam und kommt per Bahn und wird mitten
im Ort abgeladen, ohne Güterrampe oder ähnliches. Man ist Meister im
Improvisieren.
Der Regen setzt wieder ein, so begeben wir uns zum Bahnhof
in den überdachten Wartesaal und genehmigen uns noch ein Bier. Um 17:23 startet der Zug wieder pünktlich in Richtung Cusco,
es ist nun dunkel und von Fluss und Landschaft ist nichts zu sehen, auch, weil
die Scheiben total beschlagen sind. Man heizt nicht dagegen, es sind keine
zwanzig Grad im Waggon. Wieder gibt es einen Snack, danach werden Getränke gegen
Geld angeboten, wie genehmigen uns eine halbe Flasche Rotwein, gar nicht
schlecht.
Ich döse vor mich hin, als mich Lärm weckt. Ein bunter
Teufel tobt durch den Gang, einer der Zugbegleiter ist zum Animateur mutiert
und bringt die Leute zum Mittanzen und zum Lachen.Dann werden die zwei anderen Zugbegleiter zu Mannequins, sie
führen Kleidungsstücke und Accessoires aus heimischer Wolle vor, die dann
später zum Kauf angeboten werden. Man klatscht, eine ältere Dame lässt sich
sogar dazu überreden, mitzumachen. Das alles bringt Zeitvertreib auf der nun
langweiligen Reise durch die stockfinstere Nacht nach Cusco bzw. Poroy.
Wenige Meter vor dem Bahnhof Poroy, wir haben schon 10min
Verspätung, bleibt der Zug stehen. Mehr als eine halbe Stunde vergeht ohne
Information. Dann fährt der Zug wenige Meter in Richtung Bahnhof und hält
wieder. Alle müssen nun durch den ersten Wagen aussteigen, der bereits am
Bahnsteig steht. Nun sehen wir die Ursache des Problems, eine Lok steht auf der
Weiche und kann nicht passiert werden. Viele Menschen leuchten mit Taschenlampen
auf die Räder der Lok, wahrscheinlich ist sie teilweise aus dem Gleis
gesprungen. Da hinter unserem Zug ein weiterer Zug in Cusco erwartet wird,
herrscht Chaos am Bahnhof, alle suchen ihre Abholer bzw. ihre zu Abzuholenden.
Großes Geschrei, Schilder werden hochgehalten und, wie sollte es auch anders
sein, völlig sinnlos gedrängelt. Wir schnappen uns den ersten, freien Taxifahrer, der Preis
von 40 Soles für die zehn Kilometer ist viel zu hoch, aber es ist nicht die
Zeit für Verhandlungen. Unser Fahrer scheint der Ansicht zu sein, Heizung
kostet Sprit, so ist die Heizung aus und es ist saukalt im Auto. Aber er findet
zielsicher den Weg, auch, wenn er sich erst einmal weigert, in den Weg zum Campingplatz
abzubiegen, ist das auch sicher? Wir
können ihn überzeugen, muy seguro, er hält aber sicherheitshalber erst im
Schein einer Straßenlaterne.
Unser Auto empfängt uns mit einer laufenden Standheizung, es
ist schön warm in unserer Miniwohnung. Ein langer, erlebnisreicher Tag geht um
23:00 zu Ende.