14.06.2012
Als erstes
geht es zur Dump-Station, um Abwasser abzulassen und den Toilettentank zu
entleeren. Dort warten bereits mehrere vor uns, obwohl es vier parallele Reihen
gibt. In der Hauptreisezeit kommt es sicher hier zu langen Wartezeiten, der Platz
hat fast 400 Stellplätze und die meisten stehen hier nur ein oder zwei Tage,
also viel Abreiseverkehr. Die amerikanischen Reisemobile haben fast alle fest
installierte Toilettentanks, die über einen dicken Schlauch entleert werden. An
der Klappe des vor mir stehenden Mobiles las ich das schöne Wort „body waste“,
das toppt noch die „digestive byproducts“. Man hat im amerikanischen Sprachraum
viele vulgärere und ordinärere Flüche, mehr als im Deutschen. Aber wenn es um
die Beschreibung der natürlichen Vorgänge insbesondere des Körpers geht, da wird
sich so was von geziert.
Es geht
weiter nach Banff, einem wunderschönen Ort ohne sichtbare Stromverkabelung.
Nach der Ortsbesichtigung und McDoof entspannen wir noch eine halbe Stunde in
den heißen Quellen, länger hält man es bei 39 Grad nicht aus im Thermalwasser.
Auf die Fahrt mit der Seilbahn verzichten wir, das Ticket zu $40 pro Person für
die paar Höhenmeter finden wir unverschämt. Verglichen dazu müsste die
Rauschbergbahn € 100 verlangen. Überhaupt kommt mir die Nationalparkverwaltung
vor wie ein Abzocker. Kleines Beispiel, der Eintritt in die Thermalquellen
kostet $7,50, der eine Dollar für den Kleiderschrank ist kein Schlüsselpfand
wie bei uns, nein, er verschwindet auf Nimmerwiedersehen. Das sagt aber keiner
vorher, man wird lediglich gefragt „do you have your Loonie for the locker?“
Wir
verlassen den Park in Richtung Osten auf dem superbreiten und superguten Highway
1. In dem schönen Ort Canmore (auch ohne sichtbare Verkabelung), außerhalb des
Parks, kaufen wir am Wegesrand ein wenig
ein, ein wirklich schöner Ort. So nach 60km werden dann die Berge im
Rückspiegel immer kleiner und dann taucht Calgary vor uns auf. Was wir erst für
Industrie hielten, waren die olympischen Sprungschanzen. Wir quälen uns auf dem
Highway 1 in Richtung Osten. Obwohl Nr. 1 ist er nicht kreuzungsfrei und grüne
Welle ist eh unbekannt.
Der Tag
endet bei milden Temperaturen am Campfire.
13.06.12
Mich hat in
der Nacht mal wieder das Getute der Eisenbahn zur Weißglut gebracht, Irmi
meint, sie hätte nichts gehört. Manchmal habe ich den Eindruck, die Lokführer
tuten nachts extra lang und oft. Wenn sie schon nicht schlafen können, sollen
es alle anderen auch nicht.
Nach einem
Frühstück im Freien fahren wir in Richtung Calgary, stellen das Auto auf dem
Parkplatz eines Einkaufscenters ab und besteigen die Straßenbahn. Auf
Regenjacken verzichten wir, leider. In der Straßenbahn schaue ich mir einen
Inder der Sikh-Kaste an, mit gezwirbelten Bart und Turban. Fast wie die Bayern,
schießt es mir in den Kopf, komischer Bart und darüber komischer Hut.
Die
Innenstadt unterscheidet sich wenig von z.B. Montreal, mit Ausnahme, dass es
keine Fußgängerwege unter der Erde gibt, sondern elevated boardwalks, d.h. die
Gebäude sind im 2. Stockwerk miteinander verbunden. Dann beginnt es zu regnen.
Vorerst stört uns das nicht, denn wir schauen uns in einem Restaurant das Spiel
Deutschland-Holland an. Wir sind erstaunt, dass viele Kanadier das auch tun. Auch
die Spielkommentierung in der Halbzeit ist auf erstaunlichem Niveau. Leider
regnet und donnert es auch nach dem Spiel noch, sodass wir auf weitere
Besichtigungen verzichten und in Richtung Innisfail starten. Dort beginnt
morgen ein Rodeo und wir wollen wenigstens ein bisschen schnuppern, wie das so
ist. Auf dem Weg dorthin tanke ich für $1,10 den Liter Diesel, absoluter
Niedrigpreis bisher. Alberta ist das Land, in dem die Straßen tunlichst keine
Kurven zu haben haben. Alle gehen nach Norden, Süden, Osten oder Westen, das Land
ist zwischen den Straßen wie ein Schachbrett, auch fast so eben. Also geht die
Fahrt exakt nach Norden.
14.06.12
Am Morgen
komme ich auf die Idee, die Kardanwelle abzuschmieren, denn das Wetter ist
super und der Boden trocken, auf dem ich unter das Auto kriechen muss. Und sie
hatte es auch nötig. Da ich nun ohnehin den Blaumann anhatte, habe ich auch
noch den Toilettentank kontrolliert und siehe da, die Zuhaltung ist zum Teil
abgebrochen. Kein Wunder, dass es in der letzten Zeit ein wenig roch. Ich
wechsele den Tank aus, Gott sei Dank haben wir letztes Jahr einen kompletten
Reservetank im Flieger mitgeschleppt. Per Mail bestelle ich das Ersatzteil. Nun
bin ich endgültig angefressen über die Qualität von Thetford, was die sicher
nicht stört. Irmi meint, wir sollten mit dem Moped zum Rodeo fahren, also haben
wir auch dieses aktiviert und oh Wunder, es sprang sofort an. Und das nach mehr
als acht Monaten am Heck. Respekt! Ich hatte schon befürchtet, den Vormittag
mit Reanimation verbringen zu müssen. Dann habe ich noch das Dach vom Staub befreit,
die Blütenreste habe ich nicht abbekommen, die kleben „wie Sau“. Da muss ich wohl
mit der Spachtel ran. Zum Duschen bin ich dann in den Waschraum. Der ist, kaum
zu glauben am Boden und zum Teil an den Wänden gefliest und sehr sauber, hat
heißes Wasser und ist kostenfrei. Amüsieren tun mich die Kabinen, die wurden
wohl vom örtlichen Schmied gebaut aus 50mm Vierkantrohr, das hält auch eine Stampede
aus. Nun sitzen wir bei McDoof und surfen und um fünf geht es zum Rodeo, wir
sind gespannt!
Um
22:00 sitzen wir Gott sei Dank wieder im warmen Auto, aber der Reihe nach. Das
offizielle Rodeo begann um 18:00, wir waren mit dem Moped bereits gegen 16:00
dort, ca. 10km vom Campingplatz weg, leichtsinnigerweise in leichter
Bekleidung. Es wurde dunkler am Himmel, wir ergatterten noch zwei Plätze, die
regengeschützt waren. Das Reiten von Jugendlichen um drei Tonnen herum dauerte
bis ca. 17.00 und fand noch ohne Regen statt, der aber bald einsetzte. Neben
uns saß die „Miss Rodeo Canada 2012“ samt Anhang, die kleine Schwester hat das
Rennen gewonnen, entsprechend Stolz waren Vater und Opa. Um 18:00 ging es dann
los mit Formationsritten im strömenden Regen, es wurden die Flaggen der
Sponsoren gezeigt. Dann ritten Kinder von fünf bis acht Jahren auf Schafen, die
meisten fielen schnell in den Matsch, die ganz Kleinen wurden vorher herunter
geholt. Die Schafe wurden von einem Border Collie zusammen gehalten, dessen
intelligente Arbeit zu sehen war eine Freude. Wir froren jämmerlich und als der
Regen ein wenig nach ließ beschloss ich, jetzt wird zum Auto gefahren. Es war
dann nicht ganz so schlimm wie Ottawa, aber kälter. Und dreckiger, denn ein
Großteil des Weges ist Matschstraße, so sahen meine Hose und das Motorrad dann
aus. Ich habe mich dann warm angezogen und bin mit dem Auto zurück zum Rodeo,
Irmi ist im Auto geblieben und hat sich aufgewärmt.
Auf
dem Rodeo wurde abwechselnd gezeigt „Reiten auf dem wilden Mustang, buckle up“
mit und ohne Sattel und „Kälber einfangen mit Lasso“, alleine oder zu zweit.
Beim Kälbereinfangen alleine war imponierend, wie blitzschnell die Jungs aus
dem Sattel waren und das Pferd dann sofort stehen blieb. Keine zehn Sekunden
und das Kalb lag gefesselt an allen vier Beinen im Matsch.
Beim
buckle up muss sich der Reiter acht Sekunden auf dem Rücken des wild
springenden Pferdes halten, wie gut er das tut, wird mit Punkten bewertet,
ebenso, wie gut das Pferd sich wehrt gegen den Reiter. Mir tat schon beim
Zuschauen alles weh, einer der Akteure soll sich auch das Handgelenk gebrochen
haben. Es ist aus meiner Sicht eines der härtesten und gefährlichsten
Sportarten, die ich gesehen habe. Unglaublich, wie manche aus dem Sattel
fliegen und doch sofort wieder aufstehen und, wenn auch humpelnd vom Platz
gehen. Die Reiter im Übrigen bekommen kein Startgeld, nur die jeweils drei
Besten jeden Runs bekommen Preisgelder, ein hartes Brot.
Irmi taucht wieder auf und verkündet, sie hätte zwei Grog
getrunken und das Abendessen gekocht, jetzt sei ihr wieder warm. Nachdem auch
sie noch einige schöne Ritte und auch Abstürze gesehen hat, verschwinden wir
ins warme Auto, fahren zum Platz zurück und machen es uns gemütlich. Ein Grog
für mich ist auch noch da.
Motorrad
und Auto sehen aus „wie Sau“, mal sehen, wie und wann ich die braunrote Pampe
herunter bekomme.
Das
Rodeo dauert im Übrigen bis Sonntag mit immer den gleichen Wettkämpfen, die von
den Einheimischen detailliert verfolgt werden, alles wird in Tabellen notiert
und fachkundig kommentiert. Am Samstag gibt es noch eine Parade durch das
Örtchen und Samstag und Sonntag gibt es noch Shows zwischen den Wettkämpfen.
Ein Tageticket kostet $20, für die gesamte Veranstaltung $80, dann darf man auf
dem Gelände campen. Zur hundertjährigen Stampede in Calgary ist es viel, viel
teurer, aber seit langem ausverkauft. Uns hat der Einblick gereicht.
Unser Trip die letzten Tage