Donnerstag, 20. Oktober 2011

Holzindustrie, auch das ist Kanada.


19.10.11

Der Morgen ist endlich mal ohne Schnee oder Regen, man kann einfach die Türe aufmachen und aus dem Auto gehen. Auch ist der Boden nicht schlammig wie in den letzten Tagen, der Parkplatz ist geteert. Bei brauchbarem Wetter fahren wir weiter. An den Berghängen sehen wir riesige, kahl geschlagene Flächen, hier haben die Holzkonzerne zugeschlagen bis an die Baumgrenze. Sie haben das Recht des „Clear Cut“, also alles weg zu holzen und müssen auch nicht wieder aufforsten. Und das für unvorstellbar große Flächen und für viele Jahrzehnte. Manchmal wirft man, sozusagen als Lendenschurz,  Grassamen von Hubschraubern ab, damit die Touristen die Illusion der intakten Umwelt haben. Es ist dann ja alles schön grün
Was unbrauchbar ist, geschätzt mehr als 50%, wird meist zu großen Haufen geschichtet und verrottet. Die brauchbaren, sprich dicken Bäume werden auf riesige „Logging Trucks“ verladen und erst auf speziellen Forststraßen (befahren verboten!) und dann ganz normal auf dem Highway bis zu 200km zur Weiterverarbeitung transportiert. Riesige Anlagen sind dafür mitten in die Natur gesetzt und blasen Qualm in die Luft, es stinkt. Zurück bleiben eine zerstörte Vegetation und in der Folge Bodenerosion und eine stark veränderte Tierwelt. Bären und Niederflurwild verschwinden, Wapitihirsche und Elche nehmen zu, da der lichte Wald ihnen mehr Bewegungsfreiheit gibt.  Warum lässt man das Schwachholz nicht einfach stehen? Antwort: Des Profites wegen, denn dann müssten ja die Maschinen kleiner sein und vorsichtig darum herum arbeiten. Hoffentlich beginnt da bald ein Umdenkprozess bei allen Beteiligten. Es ist uralter, seltener Regenwald, der da vernichtet wird, um billige Häuser (Baracken, nach unserer Meinung) zu bauen, die dann nach wenigen Jahren aufgegeben werden, wie allerorten sichtbar.
Das Problem des tropischen Regenwaldes ist Gott sei Dank in der Weltöffentlichkeit angekommen, dass des nordischen Regenwaldes noch nicht. Wir kaufen billiges kanadisches Holz bzw. Holzprodukte ohne darüber nachzudenken, woher es kommt und was dafür zerstört wurde.
Die Logging Trucks donnern dann mit mehr als 100km/h über den Highway, bei der labilen Ladung eine brandgefährliche Sache. Wir kommen an einer Stelle vorbei, an der eine Truckspur in die Böschung führt und Holz links und rechts der Straße liegt. Ein frisches Kreuz und Blumen sagen alles.
Der Highway ist nass und durch die Logging Trucks auch schmierig, mein frisch gewaschenes Auto (gestern in Smithers) sieht wieder aus wie gerade von der Sandstraße runter. Auf der ebenen Straße überholen mich die Holzlaster mit 100 oder mehr (100 sind zulässig),  ich fahre 80, in Deutschland dürfte ich nur 60 fahren auf vergleichbarer Straße. Am Berg kommen sie nicht an mir vorbei, also stauen sich manchmal bis zu vier Trucks hinter mir. Es braucht dann immer eine Weile, bis ich eine geeignete Stelle finde, an der ich sie überholen lassen kann, dann bewerfen sie mich zusätzlich mit Dreck. Kurz vor Quesnell machen wir Schluss, bevor es ganz dunkel wird. Der zum Schluss trübe Tag verabschiedet sich von uns mit einem grandiosen Sonnenuntergang.
In Prince George haben wir bei McDoof Kaffeepause gemacht, Emails gelesen und den Blog eingestellt. Unser guter Hausgeist in Hannover schreibt uns, heute sei der erste Tag gewesen, an dem überhaupt keine Post gekommen sei, noch nicht einmal Werbung eines Weinversandes. Na sowas!

Route am 19.10.2011