Samstag, 6. Oktober 2012

Alaskafeeling



05.10.12


Ich wache auf und höre keine Standheizung laufen, das Mistding macht mal wieder Zicken. Es ist ein sonniger, aber kalter Morgen und auch im Auto ist es ziemlich frisch, wir hatten in der Nacht zwei Fenster und eine Dachluke offen. Ich ziehe mich an und brauche eine halbe Stunde, bis das Ding endlich läuft und für heißes Wasser und ein warmes Auto, insbesondere Bad sorgt. Da legt meine Frau großen Wert darauf. Über mir ist kein Wölkchen, hinter mir geht die Sonne auf und trotzdem ist Regen in der Luft. Der starke Wind treibt ihn von den Bergen herüber, in denen es immer noch schneit. Erinnerungen an Alaska werden wach. Dann bescheint die  Morgensonne die überzuckerten Berge.

Unser heutiges Ziel ist der Great Sand Dunes National Park. Der Weg dahin führt durch die Hochebene des Rio Grande ca. 80km gerade aus und topfeben, den Horizont bildet die Erdkrümmung wie im Meer. Dann eine Abbiegung 90° nach links und wieder gerade aus, 25km. Wir denken an Udo Lindenberg, „Hinterm Horizont geht es weiter..“, aber das Lied haben wir nicht dabei.

Eine Laune der Natur hat hier Bedingungen geschaffen, die dazu führen, dass sich durch Wind und Wasser der Sand aus der Rio Grande Ebene und den Bergen sammelt und nicht verfrachtet wird, sonder zu riesigen Dünen auftürmt. Wir wandern in die Dünen und schauen jungen Leuten beim Sandboarden zu. Hutterer oder Mennoniten, jedenfalls tragen die Mädchen farbenfrohe, lange Kleider und alle haben ein Käppi im Haar. Die langen Kleider hindern die Mädels jedenfalls nicht, die Dünen hinunter zu boarden und nach wenigen Metern aus Angst oder Ungeübtheit in den Sand zu kugeln. Und wieder hinauf, Kondition haben Sie. Wir sind nach eine Stunde Laufen im tiefen Sand fix und alle, immerhin sind wir 2500m hoch und keine sechzehn Jahre mehr alt.

Ich lege noch einmal Hand an an der Standheizung und ärgere mich über denjenigen, der sie eingebaut hat, ich hatte ihm mehr Sachverstand zugetraut. Mal sehen, ob es was nützt.

In der untergehenden Sonne wechseln die Dünen ständig ihr Aussehen. Während der Schrauberei gönne ich mir immer wieder einen Blick darauf.


Aspen



04.10.12


Den Tag beginnen wir in den Hot Springs von Glenwood, ein kostspieliges Vergnügen mit $15 für jeden und das als Nebensaisonpreis mitten in der Woche, nach oben ist da noch Luft. Gut, man kann den ganzen Tag bleiben, kommen und gehen, aber wir wollen nur eine Stunde baden, sonst nichts. Das ist im Preismodell nicht vorgesehen. Der Schrank kostet auch noch extra und Massagen bietet man ab $100 an.

Im 40°C warmen Wasser fragt mich eine junge Amerikanerin, woher wir kommen.
Aus Deutschland.
Oh, einer meiner besten Freunde lebt dort.
Wo?
Ich kann mich nicht erinnern, ein Ort bei Hamburg, ich glaube, er beginnt mit R.

So sind sie, die Amis, keine weiteren Kommentare dazu.

Nach Aspen führt eine vierspurige Straße hinauf. Um diese Zeit ist ein Parkplatz kein Problem und wir bummeln durch den Ort in der warmen Herbstsonne. Von Westen jedoch kündigt sich mit schwarzen Wolken ein Wetterwechsel an. Die Seilbahn, es gibt wieder nur einen Tagespass für $25 in der Sommersaison, ist schon in Revision. An Geschäften gibt es von Armani über Burberry, Prada und Gucci bis hin zu Ermenegildo Zegna alles, was gut und teuer ist. Und die Leute tragen es, sie sind überwiegend modisch europäisch bestens gekleidet. Das Straßenbild wird ebenso von der europäischen Oberklasse beherrscht bis hin zum Bentley. Sehr beliebt sind Range Rover und Mercedes G in Edelstversion. Ein Blick in die Auslagen eines Immobilienmaklers lässt uns schaudern, das Angebot beginnt bei 2,5 Mio Dollar für eine Eigentumswohnung, natürlich Randlage Aspen, im Snowvillage, Skigebiet zwar, aber ca. 20km vom Zentrum entfernt. Für diesen Preis kann man keine zentrumsnahe Lage erwarten. Ein Haus wird für 8,5 Mio angeboten und es gibt auch Offerten ohne Preis.

Für die Ausrüstung der Lifte gilt das gleiche, wie ich es schon für Telluride kommentiert habe.

Wir beschließen, keinen Skiurlaub in Aspen ins Auge zu fassen und begeben uns auf den Top of the Rockies Highway, der mit dem Independence Pass bis auf knapp 3700m hinauf führt auf zum Teil sehr enger Straße, natürlich fast ohne Leitplanken. Kalt ist es da oben und windig und die ersten Schneeflocken sind in der Luft. Bis ca. 3000m wachsen hier noch die Espen und bis 3500m die Nadelbäume. Dann beginnt schlagartig die baumfreie Zone ohne Übergang. Eine Latschenzone wie bei uns gibt es nicht

Wieder unten in der Hochebene hinter mir viele blaue und rote Lampen. Ich fahre rechts ran, der Streifenwagen meint mich und steht hinter mir. Der Mensch steigt aus und bedeutet mir, auszusteigen, ungewöhnlich. Die Plane vom Motorrad hatte sich gelöst und flatterte hinter dem Auto her, deswegen hat er mich gestoppt. Er war Soldat bei der Air Force in Kaiserslautern und Neapel, wir plaudern ein wenig und dann wünscht er uns einen sicheren Trip. Und ich dachte schon, ich hätte das letzte Stoppschild überfahren oder die doppelte Linie, ein Heiligtum, was aber schon mal passiert mit dem großen Auto.

Am Arkansas River nahe Salida machen wir Schluss. Die Rockies im Westen sind über 4000m hoch und jetzt fällt da oben Schnee, wenn es aufreißt, sehen wir weiße Gipfel.

Es ist unser 10. Hochzeitstag nach deutscher Zeit, wir haben ein Flasche trockenen, kalifornischen Champagner (so steht es wirklich auf der Flasche) kalt gestellt. Er ist wirklich trocken und auch nicht schlecht. Kein Champagner, aber immerhin.