Duschen und rasieren entfällt erst einmal, da ich keine Lust
habe, mich kalt zu duschen und kalt zu rasieren. In Sucre parken wir unterhalb
des historischen Zentrums, jetzt ist ausreichend heißes Wasser vorhanden, jetzt
wird geduscht. Viele, steile Treppen führen zur Altstadt hoch. Nahe des Plaza
Mayor finden wir ein Cafe mit Internet, dort frühstücken und interneten wir
ausgiebig zu Oldies, ein idealer Samstagvormittag mit dem 1. Spieltag der
Bundesliga und Hannover gewinnt gegen Schalke.
Sucre ist eine Kolonialstadt par excellence mit wunderbaren,
weißen Kolonialgebäuden. Aber die Straßen sind eng, die Fußwege sehr schmal und
der Verkehr mehr als dicht. Sucre ist offiziell die Hauptstadt von Bolivien,
auch, wenn heute alle Regierungseinrichtungen in La Paz sitzen. Das alte Regierungsgebäude
ist ein kolonialer Traum, ebenso das Gebäude der Freiheit, in dem die Unabhängigkeit
Boliviens unterzeichnet wurde. Auf der Suche nach Bier und Brot durchstreifen
wir die Altstadt und werden auch fündig in einem unglaublich engen Supermarkt.
Wir kaufen 16 Dosen Bier und Brot. An der Kasse hält Irmi eine Dose der Kassiererin
hin und sagt 16. Die schaut in den Wagen, zählt nach und sagt „Nein, nur 15“. Natürlich,
die 16. hat sie in der Hand. Was soll man dazu sagen? Wir schleppen das Zeug
zum Auto, in diesem Stopp und Go Verkehr macht es gar keinen Sinn, ein Taxi zu
nehmen.
Ich tanke für 300 Bolivianos, Preis für Bolivianer, jetzt
muss ausgerechnet werde, welcher Aufschlag für Ausländer hinzukommt, 443
Bolivianos, dafür und für die 300 Bolivianos muss nun eine Rechnung von Hand
geschrieben werden, natürlich mit Name, Nationalität, Passnummer und Kennzeichen.
Und nun muss zusammengezählt werden 300 und 443, was natürlich nur mit
Taschenrechner geht. Wir demonstrieren die Überlegenheit unseres Bildungssystems,
indem wir seit geraumer Zeit das Geld bereits passend bereit haben. Das Ganze
ist so spannend, dass eine Dame im Kostüm der Tankwartin und zwei weitere
Mädels gespannt zuschauen. Hinter uns stauen sich die Autos zu einer langen
Schlange, aber das ist normal an den Tankstellen hier.
Am Stadtrand beschauen wir die Spuren der Dinosaurier, die
hier die fast senkrechte Wand hochgelaufen sind. Natürlich nicht, der Boden,
auf dem über 300 verschiedene Dinoarten über 5000 Fußabdrücke hinterlassen
haben, ist hier durch die Faltung fast
senkrecht aufgestellt worden. Wir finden
es beeindruckend, aber nicht so beeindruckend, dass wir deswegen stundenlang an
einer Führung teilnehmen wollen.
Weiter geht die Reise in Richtung Nordosten, dem Tiefland
und dem Regenwald entgegen entlang dem Rio Grande, der derzeit alles andere als
grande ist. Aber die Böschungsbefestigungen an Flussbiegungen und Brücken sowie
die Breite des Kiesbettes zeigen, was hier in der Regenzeit los sein kann.
Jetzt wird Kies und Sand abgebaut im Flussbett, an und in dem
Rinnsal des Flusses werden Autos gewaschen, flussabwärts dann waschen die
Frauen ihre Wäsche. Umgedreht wäre es sinnvoller!
Wir kommen herunter auf 1700m Höhe und die Temperatur steigt
auf unglaubliche 37°C an, wir fassen es kaum und schwitzen vor uns hin. Auf
staubiger und meist sehr schlechter Piste, teilweise einspurig geht es in Richtung
Aiquile. An einer einspurigen Engstelle (solo carril) von mehreren hundert
Meter, ich bin bis auf ein paar Meter durch, fährt ein LKW in die Engstelle ein
und ist der festen Überzeugung, ich fahre zurück. Er hat fünf Meter, ich vielleicht
fünfhundert. Mir reist der Geduldsfaden bei so viel Dummheit, er muss mich gesehen haben, denn ich
habe die Dachscheinwerfer an, trotz des Sonnenscheins. Ich brülle ihn auf
Deutsch an, zusätzlich schreie ich Retorno, passt zwar nicht, wirkt aber, er
fährt zurück und winkt auch noch, als ich passiere. In Aiquile finden wir einen
Platz vor einer Kirche an einem kleinen Park. Es sind nur noch 27°C, wir sitzen
auf einer Bank, trinken das verdiente Feierabendbier, später einen Rotwein und
beobachten das Treiben um uns herum. Wir hingegen werden kaum beachtet.
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