15.10.12
In der Mojave Wüste
Am Morgen weckt uns um 6:30 das Gedröhne des Linienbootes,
das zwischen Ost- und Westufer hin-und herfährt, auch hier betrachtet man
Schalldämmung als eine überflüssige Investition.
In Lake Havasu City gibt es eine Kuriosität, wegen derer man
nicht hierher fahren muss, aber wenn man ohnehin da ist, sollte man es sich nicht
entgehen lassen. Es ist eine urenglische Steinbrücke, die einen Bootshafen
überspannt. Man hat sie in London Stein für Stein abgetragen und hier wieder
aufgebaut. Nun steht sie in der Wüstensonne, um sie herum Häuser in dem Stil
wie sich Amerikaner englische Häuser vorstellen. Ob sie wohl das englische
Wetter vermisst? Bestimmt, da sind wir uns ganz sicher. Eines dieser
pseudoenglischen Häuser ist das Visitors Center, dort treffen wir Jutta ein
letztes Mal und verabschieden uns endgültig, sie fährt nach Norden, wir nach
Westen. Mach‘s gut, es war schön, Dich getroffen zu haben.
Die 15 Meilen bis zum Parkerdam ist der Colorado noch Lake
Havasu, aber nur sehr schmal, eingezwängt zwischen den Felsen.
Nach dem Damm fließt er dann munter und breit durch das Tal,
unglaublich grüne Camping- und Golfplätze liegen an seinem Ufer. Er lockt zum
Baden und Paddeln, wir verschieben es aus Zeitgründen auf das nächste Jahr.
In Parker wollen wir bei Walmart einen Sonnenschirm
erwerben, unserer hat den Sturm in Las Vegas nicht überstanden und seit heute
vermissen wir ihn. Das klappt nicht, der Verkäufer verkündet uns, die Zentrale
hätte entschieden, die Saison für Sonnenschirme sei vorüber, alle seien
abtransportiert worden. Spinnen die? In Kalifornien und Arizona ist das ganze
Jahr Saison für Sonnenschirme! Kein Wunder, dass Walmart in Deutschland keinen
Fuß auf die Erde bekommen hat bei der Inflexibilität.
Wir überqueren den Colorado und damit die Grenze zu
Kalifornien, es steht die Kontrolle an, ob wir Pflanzen, Obst oder Holz etc. dabei
haben. Wir verneinen es mit Überzeugung und dürfen weiter fahren. Das Kilo
wertvoller Kürbiskerne aus der Steiermark, das Obst im Kühlschrank und die fünf
Pakete Brennholz, die ich erst in Flagstaff gekauft habe, haben wir natürlich
verschwiegen. Die spinnen, die Kalifornier.
Dann wird es sehr schnell einsam, die Mojave Wüste ist
ähnlich dem Death Valley, nur viel einsamer! Was müssen die Altvorderen hier
gefühlt haben, als sie mit ihren Planwagen hier durchgezogen sind in
Schrittgeschwindigkeit? Wir haben 500l Diesel im Tank und 200l Wasser und die
150km bis nach 29 Palms, so heißt die nächste Siedlung, sind in zwei Stunden
erledigt, da haben die mit dem Planwagen
drei Tage gebraucht, wenn sie jeden Tag zwölf Stunden gelaufen sind in dem
Klima. Unser Respekt vor den ersten Siedlern wird immer größer.
In 29 Palms fahren wir hinauf in den Joshua Tree National
Park, kein sehr bekannter Park, aber wenn man ihn auf dem Weg hat, lohnt er
sich. Zwischen Felsen und riesigen Joshua Trees, wir nennen sie Yucca Palmen,
finden wir einen sehr schönen Platz zum Übernachten und genießen den Abend am
Campfire.
16.10.12
Nach Malibu
Wir fahren hinauf zu einem Aussichtspunkt auf den
Andreasgraben, eigentlich unspektakulär. Auf einer Infotafel steht aber, dass
sich der Punkt jedes Jahr um 2 Inches
verschiebt! Das ist in zehn Jahren ein halber Meter. Unser Haus in Hannover
steht nun seit knapp dreißig Jahre, wären unsere Nachbarn auf der anderen Seite
in einer ähnlichen geologischen Besonderheit, sie wären jetzt 1,5m weiter weg!
Was würde ein deutsches Grundbuchamt mit solch einer Situation machen? Wir
wissen es nicht. Wir blicken hinunter auf Palms Springs, einen Retortenort für
die Wohlhabenden mit einhundert Golfplätzen, mitten in der Wüste. Das Wasser
für diesen Unsinn kommt auch aus der Sierra Nevada, die ist aber hunderte von Kilometern
entfernt. Ich kommentiere das nicht!
Als Weg aus dem Park hatten wir uns die Geology Route
vorgestellt, unmaintained and 4-wheel only, sonst keine weiteren Kommentare im
Park Guide. Die ersten zehn Kilometer waren problemlos, aber dann! Gerade so
breit wie unser Auto und ausgewaschen, die Schräglage unseres Autos war
manchmal abenteuerlich, ebenso die Durchfahrten der „Washs“. Irgendwann treffen
wir auf einen Hummer, der Touristen hier hinauf fährt als Adventure, der Fahrer
schaut etwas verwundert. Sie machen Pause und die Touris knipsen uns.
Einen Kilometer weiter wusste ich, warum der Fahrer so
schaute! Die Felsen in der Fahrbahn sind so hoch und steil, sie überfordern
unser Auto, die hinteren Stauboxen und der Abwassertank würden aufsitzen und
Schaden nehmen. Ich inspiziere die Strecke zu Fuß und komme zu der Überzeugung,
besser umdrehen als den Rest des Tages mit Unterlegen von Holz und Steinen zu
verbringen, um die Hindernisse zu überwinden. Der Hummer fährt an uns vorbei,
ich frage den Fahrer nach dem Zustand der Straße, die Antwort war unspezifisch,
wie sollte es auch anders sein bei einem Amerikaner, soll er Verantwortung übernehmen
für jemanden anderes? Auch auf detailliertes Nachfragen wird nichts Besseres
daraus, also wenden. An der Stelle geht es einigermaßen und wir fahren zurück.
Die Stimmung im Führerhaus ersetzt die Klimaanlage….
Uns kommt ein Subaru entgegen gefahren von einem Asiaten. Ich
bleibe stehen und sage ihm, er solle umkehren, mit dem Auto kommt er nicht
weiter! Ich bin doch kein Amerikaner. Ganz nebenbei, er hatte natürlich die
Klimaanlage an und alle Fenster zu, seine Beifahrerin hatte sich wegen der
Kälte in eine Decke gehüllt.
Er zögert, meint, sein Auto hätte Allrad, warum? Ich erkläre
es ihm und er dreht tatsächlich um.
Irgendwann erreichen wir den Highway 10 und in kürzester
Zeit hat uns der Großstadtverkehr eingeholt. Aus der Einsamkeit der Wüste in
den Trubel des Verkehrs in 20 Meilen. Die Interstate 10 ist im Minimum vierspurig
und alle sind voll, die nächsten 150km bis Santa Monica ändert sich außer der
Anzahl der Fahrspuren nichts, es werden manchmal mehr.
Die Fahrt auf der Autobahndurch den Großraum ist erstaunlich
zügig, in unserer Richtung ist kaum Stau. Aber in der Gegenrichtung, an den
Abfahrten, da staut es gewaltig. Und jede Querstraße, die wir einsehen können,
hat stehenden Verkehr. Trotz dieser
Megastaus hat man hier nicht den Schluss gezogen wie in anderen Großstätten,
Paris oder Rom zum Beispiel, man sieht kaum Motorräder oder Roller auf den
Straßen. Man steht offensichtlich lieber im klimatisierten Auto im Stau als auf
dem Roller in der Sonne.
Wir lassen Beverly Hills buchstäblich rechts liegen und fahren weiter in Richtung Küste. Endlich erscheint der Pazifik und Santa Monica, welche
Enttäuschung. Die Uferstraße in Santa Monica ist vierspurig, keine
Parkmöglichkeit für uns. Also weiter in das berühmte Malibu. Die Enttäuschung
ist noch größer, die Häuser an der Uferpromenade meist im typisch
amerikanischen Barackenstil dicht an dicht, wie Reihenhäuser, Stromleitungen
kreuz und quer von Haus zu Haus und über die Straße, so hatten wir uns das
nicht vorgestellt. Den Beach bekommt man nur selten zu sehen. Am steilen Hang
stehen die Villen der Reichen und Schönen, aber die sieht man von unten kaum.
An eine Übernachtungsmöglichkeit, auch ohne Meerblick ist nicht zu denken, es
sei denn, wir gehen auf den Malibu RV Park, der verlangt laut Reiseführer $90,
also jetzt über $100. Wir entschließen
uns, in den nahen State Park zu fahren, der liegt in den Bergen und kostet laut
Führer „nur“ $35, auch das hat sich geändert, er kostet mit Seniorenrabatt stolze
$43. Wir entscheiden zähneknirschend, dort zu bleiben. Beim Ranger, der kommt,
um zu kassieren, beschwere ich mich über den Preis. Er hat Verständnis dafür,
meint aber, Kaliforniern sei pleite und brauche jeden Dollar und hier sei es
einfach, es gäbe keine Alternativen. Wir nennen so etwas Straßenraub! Ansonsten
schwärmt er uns von der Baja California im Frühling vor, er hat dort ein Haus
und kennt sich offensichtlich gut aus.
Von der Wüste an die Küste
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