Montag, 18. März 2013

In der Kinderstube der Grauwale



18.03.2013

Um 6:00 stehen wir auf, ein Novum!  Erst mit dem Bus zum Strand und dann eine gute halbe Stunde mit einer Nussschale, kein Vergleich zu den Hightec-Booten am St. Lorenz, hinaus in die Lagune zu den Walen. Und dann tauchen die ersten Rücken im Wasser auf und alles ist entzückt, doch es kommt noch viel beeindruckender. Nach ca. einer halben Stunde sind wir inmitten einer Herde von Walen samt Jungen und die kommen so nahe ans Boot, dass man sie angreifen kann. Auch die Muttertiere ziehen nur drei Meter vom Boot entfernt durch das Meer, tauchen unter dem Boot durch, als wollten sie sich präsentieren. Dann spielt eine Meute Jungtiere vor dem Boot, das mit stehendem Motor auf der Stelle liegt, jedoch kräftig schaukelt. Es wäre ein Leichtes für die Tiere, uns umzuschmeißen, aber sie haben es noch nie getan, warum auch. Weiter draußen sieht man die riesigen Tiere aus dem Wasser springen. Die Mexikanerinnen an Bord klatschen immer wieder in die Hände, singen und sprechen zu den Tieren wie zu Hunden, es soll sie anlocken. Ob es das ist, wir wissen es nicht, auf jeden Fall “stehen“ wir im Mittelpunkt der Tiere, bis der Bootsführer nach zwei Stunden ganz vorsichtig uns aus der Herde herausbringt, man sieht ihm im Gesicht an, wie er seinen Job und die Tiere mag.

Der Salzgehalt ist in der Lagune um 4% höher als im Meer, das bedeutet ,mehr Auftrieb für die Wale und keine Orkas, für die ist es zu salzig. Und dann ist das Wasser noch wärmer als im Pazifik, also eine ideale Kinderstube, deswegen die große Ansammlung an Müttern mit Jungtieren. 

In der Lagune liegt auch die größte Salzmine der Welt mit einer Jahresproduktion von 8.000.000 to, nur nach dem Verdunstungsprinzip. Sie war die Keimzelle des Ortes und ist die Lebensader.






Es war das beeindruckenste Tiererlebnis, das wir bisher hatten, viel intensiver als am St. Lorenz Strom.

Zurück am Auto bummeln wir durch die Mainstreet, die Bilder sagen alles, es ist so ganz anders als bei uns. Man muss Trittsicherheit haben wie auf einem Bergpfad, sonst bricht man sich die Füße!







Zum Dinner gehen wir in das Restaurant. Aus den Lautsprechern ertönt Swing mit Louis Armstrong, Frank Sinatra und Billie Holiday, eine Atmosphäre wie in Rick's Cafe. Es fehlt nur Sam am Klavier. Vor dem Restaurant parkt ein Motorrad aus Italien, ich finde auch den Fahrer, aber der ist sehr wortkarg.

Irmi bestellt Fisch und ich Fleisch, der Ober schaut mich halb traurig, halb strafend an und meint, wir seien hier an der Lagune und der Fisch sei ganz frisch. Ich lasse mich überreden, der Ober hat recht, der Fisch ist super. Der Ober strahlt und alle sind zufrieden.






Der Abend vergeht mit Bloggen und Planung der nächsten Tage.

Sonntag, 17. März 2013

Weiter bis Guerrero Negro am Pazifik



16.03.2013


Der Tag beginnt wieder trüb und kühl, wir fahren ein wenig sauer über das Wetter los. Die Strecke ist langweilig, so versuchen wir, Vokabeln zu lernen. In St. Quintin holt Irmi Geld und probiert die EC-Karte, sie funktioniert. Hinter St. Quintin biegt die MEX1 in Richtung Landesinnere ab, also weg vom Pazifik und schon scheint die Sonne und es wird angenehm warm.

Dann erleben wir die erste Militärkontrolle, natürlich will man in das Auto, das Staunen ist deutlich im Gesicht zu sehen. Da weder nach Pass noch sonstigen Papieren gefragt wurde, vermuten wir, es war reine Neugier. Ansonsten sind die Soldaten sehr freundlich.

Bei einem Fotohalt entdecke ich ein kleines Denkmal für einen hier tödlich verunglückten Fahrer eines Trucks. Nun, auf der ganzen MEX1 stehen gefühlt alle 2km Kreuze am Wegesrand, es wird hier häufig gestorben. Zum einen ist die Straße schmal und weit überhöht, ein Fahrfehler führt unweigerlich zum Überschlag, zum anderen fahren doch viele einen sehr halsbrecherischen Stil, auch die Trucks. Aber der Tod gilt ja in Mexiko als ein Teil des Lebens.




Beim Kaffeestop ist plötzlich ein dumpfes Geräusch im Auto, schwillt an, wird heller, wird weniger, geht weg, kommt wieder. Seltsam. Uns fällt auf, es verändert sich mit dem Wind. Und dann finden wir die Lösung: Die senkrechten Stäbe unserer Dachreeling sind oben offen wie eine Flasche  und der darüber streichende Wind erzeugt das gleiche Geräusch, wie wenn man mittels einer Flasche pfeift, also über die Öffnung bläst.  Das hatten wir noch nie, obwohl wir doch schon sehr lange unterwegs sind und auch schon viel Wind hatten.

Die Fahrt geht durch das Valle de los Cirios (Steinböcke), wo zwischen riesigen Granitbrocken ebenso riesige Kakteen stehen, ein landschaftlich sehr schönes Stück Straße. 



In der Ranchero Ines bleiben wir auf einem Platz stehen, abseits der MEX1 und damit sehr ruhig. Der Verkehr auf der MEX1 läuft angeblich die ganze Nacht, nicht sehr dicht zwar, aber die Trucks verzichten gerne auf jegliche Schalldämpfung, ein startender Airbus ist nichts gegen die. 



Den Gedanken, irgendwo in der Wüste zu übernachten, verwerfen wir, zum einen kostet der Platz mal gerade €5, die Leute hier müssen auch etwas an den Touristen verdienen und zum anderen hat es ein kleines Restaurant, das erspart Irmi das abendliche Kochen. Matilda, so heißt die Wirtin, macht uns Tacos con Carne, reichlich, dazu Bohnen und scharfe Sauce. Und  es gibt mexikanisches Bier, alles zusammen kostet 200 Pesos, also €12. Matilda ist die Mexikanerin wie aus dem Buch, dunkelhäutig, klein, kompakt und die Herzlichkeit in Person. Wir werden bei ihr morgen frühstücken, Eier mexikanisch. Kurz nach sechs sind wir fertig mit dem Essen, es ist kühl geworden, wir ziehen uns ins Auto zurück.




Auf dem riesigen Platz stehen noch einige Amerikaner, einer davon mit einem dreiachsigen, riesigen Bus. Die erste Tätigkeit nach der Ankunft war die Montage der Satellitenschüssel.  Hoffentlich nervt er nicht die ganze Nacht mit einem lauten Generator, der die noch lautere Klimaanlage betreibt.


17.03.2013

Der Amerikaner hat nicht genervt und die Trucks waren kaum zu hören. Zum Frühstücken gehen wir, wie geplant zu Matilda, es ist empfindlich kühl, nur 9°C und die Sonne kämpft mit dem Morgennebel. Irmi nimmt Eier mit Chorizo, einer scharfen Wurst und ich Eier mexikanisch, Rührei mit Zwiebeln, Tomaten und Paprikastreifen. Zu allem gibt es gekochte Bohnen (Frijoles) und natürlich Tortillas. Als Kaffee bekommen wir Neskaffee, seit Jahrzehnten haben wir den nicht mehr getrunken. Das schmeckt alles nicht schlecht, aber als Frühstück für uns eher gewöhnungsbedürftig. Wir beschließen, auf Frühstück mexikanisch in Zukunft zu verzichten, wenn möglich.  





Die Fahrt geht weiter durch die Kakteenfelder, es ist wenig Verkehr. Trotzdem ist es kein entspanntes Fahren, die schmale Straße und der Straßenzustand erfordern höchste Konzentration. Kurz vor Guerrero Negro, unserem Tagesziel gibt es noch einmal eine Militärkontrolle, diesmal wollte keiner ins Auto schauen.

Auf dem Malarrimo RV Park bleiben wir stehen und melden uns für den morgigen Tag zum Whale Watching an. Um diese Jahreszeit sollen hier die Grauwale ihre frisch geborenen Nachwuchs auf die Reise zum Polarmeer vorbereiten. Wir sind gespannt.

RV-Park ist eine hochtrabende Bezeichnung für betonierte Stellplätze im Ort mit Mauer darum herum, aber das Restaurant soll das Beste weit und breit sein und das Whale Watching startet hier. Wir bleiben ja nur kurz. Immerhin, es hat Internet!

Und dann bekommen wir noch Nachbarn aus Hannover. Gut, sie Leben seit über 50 Jahren in Vancouver und verbringen seit der Pensionierung immer den Winter auf der südlichen Baja, zum Surfen. Und so sehen sie aus auch, trotz siebzig! Well shaped, also gertenschlank und braun gebrannt. Der Kontakt ist nur kurz, sie wollen morgen um 6:00 los, um noch in Tecate über die Grenze zu kommen.

 





Freitag, 15. März 2013

Auf der MEX1 in Richtung Süden



15.03.2013

Der Küstennebel ist weiterhin da, also nichts wie weg. Auf der MEX1 geht es in ganz gemächlich in Richtung Süden.


Sobald wir etwas weiter weg sind vom Meer, ist die Sonne da und das Thermometer steigt auf über 30°. Selbst auf 1300m Höhe, soweit hoch geht die Straße sind es immer noch 29°. Die MEX1 führt durch grüne Hügellandschaften, auf denen zum Teil intensiv Landwirtschaft betrieben wird bis hin zu riesigen Weinfeldern oder auch nur Kühe stehen, immer mit Hirten. 


Die MEX1 ist zum Teil gut ausgebaut, zum Teil mit Schlaglöchern übersät, dort ist der Absatz zum Bankett abenteuerlich tief, nur nicht abrutschen ist die Devise. Und immer wieder gibt es, ziemlich überraschend Baustellen. Oder Kontrollpunkte des Militärs, wir wurden aber bisher nicht angehalten. Die Ortsdurchfahrten sind schnurgerade und damit nicht gerast wird, haben die Mexikaner zwei probate Mittel: den Pumper und das Stoppschild. Der Pumper wird angekündigt, ist dann so brutal, dass man ihn nur in erweiterter Schrittgeschwindigkeit überfahren kann. Und dann die Stoppschilder, alle paar hundert Meter gibt es sie, auch wenn von der Seite nur ein Feldweg kommt und alle halten sich daran, im Gegensatz zu Geschwindigkeitsbegrenzung, die sind nur unverbindlich.

Ein Restaurant macht einen sauberen, gepflegten Eindruck und wir „lunchen“ mexikanisch, sehr schmackhaft und unglaublich preiswert, es kocht die Patronin.




In Vincente Guerrero entdecken wir eine LLaterna, in der ein LKW steht, also einen Reifenhändler für LKWs, also fahren wir ran und fragen, ob sie unserer Vorderreifen nachschneiden können, die hätten es nötig. Nein, können sie nicht, aber Ölwechsel und abschmieren bieten sie an. Gesagt, getan, zwei Leute kümmern sich um Öl und schmieren ab, nach knapp einer Stunde sind wir wieder draußen. Und gekostet hat das Ganze gerade mal €90, dabei wurde bestes Öl von Castrol eingefüllt. 



Nach den obligatorischen Bildern aller Beteiligten fahren wir auf einem Campingplatz mit Restaurant gleich um die Ecke. Der Besitzer erzählt uns, dass erst vor wenigen Wochen eine Gruppe Deutscher da war, wahrscheinlich eine Seabridge-Gruppe. Leider ist auch hier der Küstennebel, also bloggen und lesen wir dank Internet die aktuellen Zeitungen. 



Donnerstag, 14. März 2013

Der unspektakuläre Sprung über die Grenze





14.03.2013

In der Nacht flogen immer wieder Hubschrauber über uns, sehr langsam und sehr niedrig, wahrscheinlich die Border Control auf der Suche nach illegalen Einwanderern.

Wir fahren ohne Wartezeit über die Grenze, stellen das Auto ab und marschieren zum Migración Oficina. Auch da sind wir gleich an der Reihe. Wir füllen jeder das Formular aus, der Mensch prüft es und schickt uns zum Bezahlen zur Banjercito (einer Bank) um die Ecke. Dort bezahlen wir die Einreisegebühr von $26/Person, bekommen das bestätigt, und es geht zurück zum Migración Oficina. Der Beamte ist nicht zufrieden, mit den Namen stimmt etwas nicht. Mein Vorname wurde mit Richard anstatt Frieder angegeben und bei Irmi steht der Geburtsname anstatt Wienker. Also zurück zur Bank, alles neu ausstellen. Dann ist der Beamte zufrieden und stempelt unsere Pässe ab. Nun ist das Auto dran. Es dauert etwas, bis wir den richtigen Verantwortlichen finden. Ich fahre schon mal das Auto in Position zum Kontrollieren. Aber, es kommt ganz anders. Irmi findet einen netten, unterbeschäftigten Zöllner, der alle notwendigen Kopien in Windeseile fertigt und nachdem an der Banjercito 50$ für das Auto bezahlt wurden, stellt man das Hologramm (Plakette für die Windschutzscheibe) aus, die wir selbst anbringen dürfen. Für das Auto interessiert sich niemand. Nun darf das Auto zehn Jahre in Mexiko verbleiben; wir selber 180 Tage.

Und dann sind wir und Auto drin. So schnell und ohne Stress, wer hätte das gedacht. 


Am ersten Supermarkt testen wir am Geldautomaten unserer Karten, die EC-Karten funktionieren nicht, aber mit den Kreditkarten gibt es Geld. Auch das Bezahlen im Supermarkt mit der Kreditkarte funktioniert problemlos. Man muss sich nur an die horrenden Beträge gewöhnen, 1 Peso, Währungszeichen $!!! sind nur 6 Eurocent. Da ist die Rechnung im Supermarkt schnell vierstellig. Dann Tanken, es gibt nur eine staatliche Gesellschaft und SB ist unbekannt, auch das funktioniert problemlos mit der Kreditkarte. Der Liter Diesel kostet 0,70€. Eine kleine, maximal 1,50m große, stämmige und furchtbar nette Mexikanerin bedient uns. Irmi erklärt ihr auf ihre neugierigen Fragen in unglaublich guten Spanisch unser woher und wohin. Sie freut sich und ich bin sehr beeindruckt!

Unser Tagesziel ist Ensenada, die Fahrt dahin ist ruhig, die Straßen sind auch nicht schlechter als in Kalifornien. Unterwegs halten wir bei einem Weingut an. Die Straße ist die neu geschaffene Weinstraße, „Bienvenido a la ruta del vino“ wird uns in Bannern über der Straße mitgeteilt. Der Winzer ist Schweizer und vor vielen Jahrzehnten nach Mexiko ausgewandert. Jetzt, am Ende seines bis dahin abhängigen Arbeitslebens, hat er sich seinen Traum erfüllt und das Weingut aufgebaut. Der Wein ist super, ein Rotweincuveé, vor allem Garnacha, in alten Eichenfässern ausgebaut. Für eine Flasche verlangt er $250, also €15  und für den Probierschluck nochmal $20 je Person, also €3 insgesamt. Kein billiges Vergnügen. Er will nach Europa exportieren im nächsten Jahr, ob er da seine Preise durchsetzten kann?


Der ganze Tag war sonnig und heiß, kaum sind wir am Pazifik in Ensenada, ärgert uns der kalte Küstennebel, die Temperatur ist von 33°C auf 18°c gesunken.

Der Verkehr ist ein wenig chaotisch, aber auch nicht viel anders als in Rom oder Madrid, nur hier werden wir ständig angehupt, die Mexikaner zeigen so ihre Begeisterung für unser Auto. Wenn ich dann mit der Presslufttröte mich bedanke, springen sie fast vor Freude aus dem Auto.

Im Estero Beach Ressort, einem sehr guten Hotel, das auch Campingplätze hat, lassen wir uns nieder. Der junge Mann im Empfangshäuschen kommt strahlend auf uns zu und sagt, dass er Deutsch lernt, weil er Goethe und den Faust liebt. Dann zieht er ein Exemplar des Faust (spanisch) aus der Jackentasche und zeigt uns einen Vers, den er liebt und den er  (deutsch) auf der letzten Seite aufgeschrieben hat, Faust zusammengefasst in 4 Zeilen. Irmi liest ihm den Vers zweimal vor und unterhält sich mit ihm über die Versform… Wer hätte das gedacht!

Die jungen Leute am Empfang sind unglaublich nett, reden englisch und befragen uns zu Bayern München, Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach, was sie alles kaum  aussprechen können. Und man kennt sogar die Mannschaft von Hannover 96! Wir sind begeistert!



In einem sehr warmen Whirlpool mit Meerwasser gefüllt, beenden wir den Tag.



Der Weg nach Mexiko