Unsere große Reise, beginnend in Halifax und endend in Montevideo, Uruguay
Samstag, 14. Juli 2012
Wieder an den Snake River
13.07.12
Der Morgen ist kühl und bedeckt, es sind gerade mal 14 Grad, da verzichten wir auf das Schwimmen im See. Wir fahren los in Richtung Boise, die Amerikaner sprechen es mit langem I am Ende aus, also Boisie, in unserem Kopf ist die französische Sprechweise. Die Mehr als 200 km bis dahin gehen fast ausschließlich durch National Forrest Gebiet, d.h. bis auf eine Siedlung und wenigen Lodges keine Häuser, dafür unendliche viele Campgrounds, einer schöner als der andere, die meisten leer. Ein traumhaftes Gebiet, die Sawtooth Mountains und der dazugehörige National Forrest. In Boise dann McDoof wegen Internet. Die Steckdosen dürfen wir nicht verwenden aus Sicherheitsgründen! Der Kaffeeautomat ist defekt, also kein Eiskaffee, wir lassen es und suchen uns einen anderen an der Strecke. Auf eine Besichtigung von Boise verzichten wir. Wir fahren bis Weise und übernachten auf einem gesichtslosen, privaten Platz am Highway. Wir sind in der Zwischenzeit auf nur noch 800m Höhe angekommen, es sind 35 Grad und die Luft ist feucht.
14.07.12
Wir erreichen den gestauten Snake River im Hells Canyon. Trotz des schönen Wetters sind nur wenige Leute an den Badeplätzen und auch die Anzahl der Boote und Jetskis halten sich in Grenzen. Wir fahren die Stichstraße bis zum Hells Dam, ab dort ist der Snake wieder befreit. Die Dämme dienen nur der Stromerzeugung, es wird kein Wasser entnommen, insofern ist der Wasserfluss des Snake „normal“, nur die zu erzeugende Strommenge lässt den Fluss ein wenig schwanken. Wir warten auf einen Höhepunkt der Reise, die Fahrt mit dem Jetboat auf dem wilden Snake, die um 14:00 startet.
Zuvor aber muss jeder ein Informationsblatt durchlesen und unterschreiben. Während der Prozedur kommen drei private Jetboats den Fluss hoch, ein sehr exklusives und teures Vergnügen.
Auf dem Boot dann wird noch einmal mündlich alles erläutert, eine Freiwillige protokolliert das Ganze samt Unterschrift und es geht zu den Akten. Und sage noch einer, wir Deutschen seinen bürokratisch!
Erst geht es ein wenig stromaufwärts zum Damm, aber da ist schon eine Rapid (Stromschnelle) der zweiten von sechs Kategorien zu durchfahren, Kategorie 6 ist unfahrbar. Es ist unglaublich, wie das Boot den Berg, jawohl den Wasserberg, hinauf schießt. Mehr als tausend PS aus drei Motoren und ein Jetantrieb machen es möglich. Ich kann es technisch nachvollziehen, aber es ist trotzdem so beeindruckend wie eine startende A380; man weiß, dass es physiklisch funktioniert, aber es fasziniert trotzdem. Dann geht es den Fluss hinunter. An einer alten Ranch machen wir Halt, dort hat in einer winzigen Hütte (3x4 Meter), 1928 erbaut bis 1954 eine Familie mit drei Kindern im Winter gehaust, gewohnt kann man nicht sagen. Im Sommer sind sie mit Ihren Kühen auf höher gelegene Weiden gezogen. Der Bootsführer erzählt, vor wenigen Jahren war eines der Kinder im hohen Alter mit auf der Bootstour und konnte ganz genau erzählen, wie hart das Leben damals war und welche Anekdoten es trotzdem gab. Gold haben sie auch gefunden im dem kleinen Creek, der neben dem Haus in den Snake fließt, aber zum Abbau waren sie nicht in der Lage, sie waren halt Rancher, keine Digger. Ein Deutscher namens Kleinschmidt hat Ihnen dann die Ranch abgekauft, um das Gold abzubauen. Alles scheiterte an der Unzugänglichkeit der Gegend, weder mit Boot noch mit Wagen war das notwendige Equipment dorthin zu schaffen. Da in der Zwischenzeit der Snake geschütztes Gebiet ist, liegt das Gold immer noch da.
Dann geht es durch die Stromschnelle „Wild Sheep“ der Kategorie 4, geschätzte Fallhöhe des Wassers 3m auf nur wenigen Metern Länge. Es kommt uns ein Jetboat entgegen und wir staunen, mit welchem Dampf es durch die Schnellen hindurch kurvt um die riesigen Steine herum. Es dreht bei, damit die Leute zuschauen können, wie wir die Talfahrt meistern. Der Bootsführer gibt Vollgas, Fahrt ist das halbe Leben. Es kracht, als schlügen wir auf Steine auf, es ist aber nur das harte Aufschlagen auf das Wasser. Wasser überall, wären die vorderen Türen offen, das Boot würde voll laufen. Zur Seite heraus schauen, unmöglich. Und dann ist alles vorbei, das Boot dreht fast auf der Stelle, damit wir die Sache von unten in Ruhe betrachten und Fotografieren können. Dann geht es wieder hinauf, was wesentlich weniger spektakulär, weil langsamer ist als der Abstieg. Trotzdem ist die Kraft des Bootes und das Können des Bootsführers beeindruckend, er schlängelt das Boot regelrecht die Schnellen hoch, immer das tiefste Wasser suchend, nicht das ruhigste. Ich schaue ihm mehrfach zu, er wirkt sehr konzentriert, souverän und glücklich!
Nach gut zwei Stunden sind wir wieder an der Anlegestelle, auf ca. 6km haben wir 50m Höhenmeter überwunden und das auf dem Wasser!
Es ist unerträglich schwül, 35 Grad und am Himmel hängen Gewitterwolken, als wir die 30km zurück fahren auf der Straße entlang des gestauten Snake, die keine 100m geradeaus geht und dabei auch noch ständig hinauf und hinunter. Wir bleiben am Oxbow-Damm stehen auf dem Campground der Elektrizitätsgesellschaft. Es grummelt am Himmel, ich schaffe es gerade noch aus dem leider recht warmen Wasser des Snake, als ein schweres Gewitter losbricht. Es bringt die erhoffte Abkühlung.
Der Weg zum Snake River
Freitag, 13. Juli 2012
Ernest Hemingway und der Redfish Lake
12.07.12
Wir fahren wieder in die Rocky Mountains, nach Ketchum. Dort hat Ernest Hemingway sein berühmtestes Buch „Whom the Bell tolls, wem die Stunde schlägt“ geschrieben. Nach seinem Selbstmord 1961 liegt er dort begraben, neben ihm seine Frau. Wir finden das Grab nicht sofort und fragen Einheimische, die mit dem Auto über den Friedhof fahren. Sie wissen auch nicht, wo das Grab ist. Mir kommt ein Verdacht und ich frage, ob sie wissen, wer Hemingway war. Nein, das wissen sie nicht, ist die Antwort. Was soll man dazu sagen! Das Grab liegt im Schatten zweier Bäume und ist bedeckt mit Centmünzen (warum, wissen wir nicht) und mit Liebesgaben und Botschaften seiner Fans, Rotwein, Bier, Rum, Cocktails. Damit der alte Knabe, wo er auch immer sein möge, immer etwas zu trinken hat, wie zu Lebzeiten halt auch.
Von seinem Memorial aus, es liegt an einem Bach an der Straße nach Sun valley, hat man einen wunderschönen Rundblick, unten liegt ein Golfplatz und gegenüber stehen Häuser, wie wir sie in den USA bisher nur selten gesehen haben.
Wir verstehen, warum Hemingway sich für Ketchum für entschieden hat, ein auch für unsere Maßstäbe schöner Ort in noch schönerer Umgebung. Es ist ein Wintersportort, aber auch die andern Jahreszeiten sind hier schön. Es scheint das St. Moritz der USA zu sein. Die Kleidung der Menschen, die Geschäfte, die Autos, die Häuser, die vielen Golfplätze und die Immobilienpreise deuten darauf hin. Und der nahe Flughafen mit den vielen kleinen Jets.
Weiter geht es über den Galenapass nach Norden in das Tal des Salmon Rivers. Auf der Passhöhe genießen wir den leider etwas trüben Blick in das Tal, ein Ranger erklärt, der Dunst käme von den Präriebränden. Er empfiehlt uns dringend, am Redfish Lake zu übernachten, was wir auch tun. Wir ergattern am Little Redfish Lake einen der knappen Plätze. Der Lake ist nicht sehr tief, deswegen ist das Wasser relativ warm, obwohl der See auf 2000m liegt. Und er ist glasklar und ohne irgendwelche motorisierten Gefährte. Wir gehen als erstes Schwimmen.
Der Tempomat
Seit Tagen geht mein geliebter Tempomat nicht mehr, der Bowdenzug, der anstatt meines Fußes das Gaspedal bedient, ist gerissen, eine Katastrophe! Ständig mit dem rechten Fuß Gas geben zu müssen, ständig auf den Tacho schauen zu müssen, sich im Sitz nur eingeschränkt bewegen können, das strengt richtig an. Ich habe mich schon damit abgefunden, erst aus Deutschland das Ersatzteil mitbringen zu können, als mein Freund Michael per Mail die Idee äußert: „Kauf Dir doch einen Zug in einem Fahrradgeschäft und schaue, ob er passt.“ In Ketchum habe ich das getan. Nach dem Schwimmen kippe ich das Fahrerhaus, baue den Servomotor samt Zug aus und siehe da, es passt. Fast! Der Nippel lässt sich nicht durch die Lasche ziehen, er ist ein wenig zu groß. Mit Feile und Wasserpumpenzange als Schraubstockersatz feile ich in mühsamer Fummelei den Nippel passend. Das erfordert Geduld, nicht meine ganz große Stärke.
Einbauen das Ganze, die Hütte zurück gekippt, den Test laufen lassen, es geht! Ich habe wieder einen Tempomaten. Danke, Michael, Du bist halt ein super Tüftler. Die gekippte Hütte erregt natürlich Aufsehen, die Leute bleiben stehen und schauen, so etwas kennen sie von den US-LKW nicht. Und unser Campground Host fragt, ob wir ein ernstes Problem haben.
Nach der Bauaktion gehen wir noch einmal schwimmen, ein Euramobil Camper hält neben uns, das können nur Deutsche sein. Zwei deutsche Damen in unserem Alter sind ebenso unterwegs wie wir.
Der Abend endet am Campfire, es ist dringend notwendig der Mücken wegen.
Der Weg zu Hemingway und zum Redfish Lake
Donnerstag, 12. Juli 2012
Zu den Craters of the Moon
11.07.12
Die Fahrt nach Idaho Falls geht wieder durch das Tal des Snake und wir sind sehr angetan von der Landschaft, den gepflegten Farmen, Ranches und Lodges mit schönen Häusern, meist als Blockhäuser gebaut. Und natürlich vom Fluss, der durch das Tal meandert. Wieder sind viele Driftboote unterwegs, wir wiederstehen jedoch und lassen unser Boot im Auto.
In Idaho Falls angekommen sind wir enttäuscht von Ort und Falls, eine typische, gesichtslose Stadt und die Falls, na ja. Die Suche nach einer Laundry endet bei McDoof, wo wir das Internet befragen. Die Laundry ist 400m weit weg von uns! Beim Einparken reiße ich eine halben Baum um, keinen kümmert es.
Neben der Laundry ist ein Friseur und ich wage es. Die Chefin (ca. 70 Jahre alt) persönlich nimmt sich meiner an, stülpt mir ein Cape über (ohne Papierband am Hals) und fängt an zu schneiden und reden. Anscheinend sind Friseusen auf der ganzen Welt gleich, zu stark geschminkt und reden zu viel. Das meiste habe ich eh nicht verstanden, der hiesige Dialekt ist schwierig, so verzichtet man auf das lästige th, das wir so lange in der Schule üben mussten. Dann bekomme ich noch die Haare gewaschen, Augenbrauen und Bart geschnitten und gut war es, kein Spiegel, keine Frage „Ist es recht so?“ Beim Blick in den großen Spiegel kommen mir spontan zwei Gedanken; „es wächst ja wieder nach“ und „das kriegt mein Türke wieder hin“. Irmi meint, so schlimm sei es nicht. Wir nutzen die Zeit des Wartens, um mit Deutschland zu telefonieren.
Dann geht es weiter in Richtung Westen zu den Lavafeldern Craters of the Moon. Vor uns ziehen Gewitter, die Blitze entfachen zwei Präriebrände.
Im Park belegen wir auf dem Campground einen Stellplatz, dann geht es zur Besichtigung. Hier sind vor 2000 Jahren Vulkane mit einer solchen Heftigkeit ausgebrochen, dass sie sich selbst weggesprengt haben, es gibt also keine Vulkankegel mehr, sondern nur Lavafelder über Lavafelder. Und auf denen ist es heiß! Nein, glühen tun sie nach 2000 Jahren nicht mehr, aber die Sonne bringt das dunkle Gestein sozusagen zum Glühen. Dazwischen laufen wir bei 33 Grad Lufttemperatur auf schwarz geteerten Wegen herum. Abkühlung bringt der Abstieg in eine Lavahöhle, Indian Tunnel, dort ist es schattig und kühl. Der Weg zurück zum Auto ist dann umso heißer.
Am Abend kühlt es relativ schnell ab, wir sind ja auf 1700m Höhe. Neben uns ist eine Schweitzer Familie angekommen, man interessiert sich ausgiebig für unser Auto und wir verbringen einen angenehmen Abend, tauschen Reiseerlebnisse aus.
Zu den Mondkratern
Mittwoch, 11. Juli 2012
Am und auf dem Snake River
09.07.12
Wir fahren durch das durch den wunderschönen Canyon des Snake River flussaufwärts und bewundern die Rafter, die durch das Wildwasser schießen. Nichts für den Aerius, er würde zerbrechen. Unbenommen davon: uns fehlen auch Können und Erfahrung. In Jackson dann, einem sehr schönen Ort, erkundigen wir uns nach den Konditionen, es geht bei $75 los. Wir beschließen, das fahren wir selbst, wenn auch nicht die besichtigten Schlüsselstellen. Zur Übernachtung fahren wir wieder flussabwärts in den National Forest und finden einen Platz direkt am Snake, in dessen starke, kalte Strömung wir uns zur Abkühlung legen. Neben uns steht eine mormonische Familie aus Utah, sieben Kinder, fünf Mädchen, zwei jungen und die Mama sah aus, als wäre das nächste unterwegs. Hübsche Anekdote am Rande, die junge Amerikanerin, die ich befragte, sprach Schwyzerdütsch. Sie war zum Deutschlernen in der Schweiz und hat besser Schwyzerdütsch gelernt als Hochdeutsch, wenn sie auf Deutsch angeredet wird, verfällt sie erst einmal ins Schwyzerdütsch.
10.07.12
Das Moped lassen wir an der festgelegten Ausstiegstelle, Astoria Boat Ramp, stehen und fahren zum South Park, kurz vor Jackson. Der Aerius ist schnell aufgebaut, obwohl es doch schon eine Weile her ist, dass wir ihn das letzte Mal benutzt haben, ich glaube, es war in der wunderschönen Georgian Bay. Und dann geht es los, der Fluss ist schneller als erwartet und wir haben unsere liebe Mühe, den Aerius gerade, Bug voraus in die Strömung zu bringen. Dann die ersten weißen Wellen, das Wasser schwappt über das Boot und, trotz Spritzdecke, auch in das Boot. Dann wechseln sich ruhige Stellen mit kräftigem „White Water“ ab, zum Teil mit starkem Kehrwasser, d.h., die Strömung kommt einem plötzlich entgegen und das Paddeln geht ins Leere. Oder quer zum Boot, das bedeutet Kentergefahr! Ein blödes Gefühl. Die aufkommenden Diskussionen zwischen Schlagfrau (Irmi, verantwortlich für Paddelfrequenz und Durchzugsdauer) und Steuermann (ich, verantwortlich für den Kurs, dazu brauche ich aber Fahrt, sonst kann ich nicht steuern) über die jeweiligen Aufgaben und Zuarbeiten trüben vorübergehend den aufkommenden Genuss. Doch dann stellt sich Routine ein, die gestern ausgemachten Schlüsselstellen südlich Hoback Junction werden gemeistert und als Astoria erreicht ist sind wir uns einig, wir hätten noch ein Stück weiter fahren sollen. Aber es war auf jeden Fall ein intensiveres Erlebnis als mit einem kommerziellen Rafter, und billiger. Bilder gibt es nur wenige, paddeln und knipsen ist schwierig.
Ich steige auf das Moped und hole den LKW, Irmi fängt an, den Aerius abzubauen. Auf der Fahrt nach Idaho Falls laden wir dann das Moped in South Park auf. Dort geht es in der Zwischenzeit zu wie am Stachus, kommerzielle Rafter laden ihre Kunden in die Busse, die Einheimischen starten mit allen möglichen Gefährten und Kind und Kegel und Hund zur Flussfahrt, meist auf sogenannte Driftboats, breiten, extrem kentersicheren Ruderbooten mir langen Rudern, die überwiegend treiben (drift) und mit den Rudern gesteuert werden, eine Drehung um 180 Grad sind zwei Ruderschläge, da brauche ich mit dem Aerius mehr als einen Kilometer. Eine tolle Erfindung, man rudert/steuert mit dem Gesicht voraus. Oft ist einer an den Rudern und zwei bis drei angeln.
Wir überqueren einen für hiesige Verhältnisse steilen (10%) Pass auf 2400m und hinter Victor (Grenze zu Idaho) lacht uns ein National Forrest Campground an, wir bleiben stehen. Auf unserem Stellplatz liegt ein großer Stapel Holz, wir bedienen uns, es ist erlaubt.
Am Snake River
Und entlang der Straße sind wir gepaddelt
Montag, 9. Juli 2012
Am Great Salt Lake und in Salt Lake City, dann weiter an den Snake River
06.07.12
Wir fahren in Richtung Salt Lake City. Hinter Duchesne gibt es einen Stau, ein Trucker meint, Baustelle könne es nicht sein, er sei heute Morgen die Gegenrichtung gefahren. Funk habe er keinen, also könne er auch nicht die weiter vorne stehenden Kollegen fragen. Entgegen kommt uns auch keiner, nur Fahrzeuge, die gedreht haben. Also drehen wir auch um und wollen eine Sandstraße über die Berge fahren durch den National Forest. Wir biegen in diese ein und fragen dort noch einmal einen, der uns entgegen kommt. Dessen Auskunft war wenig qualifiziert, m.E. konnte er die Karte nicht lesen und wusste auch sonst nicht Bescheid. Aber, nein, mit dem Auto nicht. Egal, wir fahren los, wenn es nicht geht, drehen wir halt um. Es war eine super Entscheidung, die Straße ist in einem befahrbaren Zustand und die Landschaft wunderschön. Es geht hinauf bis 2700m. Es ist der National Forest, in dem darf man frei campen, und das tun die Amis auch. Überall, wo es geht, stehen Wohnwagen oder Wohnmobile.
Von Heber City aus, anscheinend ein Wohnort der Reichen und Schönen von Salt Lake City (die Menge der riesigen, zum Teil wunderschönen Häuser in traumhaften Lagen bringt uns zu dieser Vermutung) fahren wir wieder nach oben bis knapp 3000m und dann vorbei an den Skiliften hinab nach Salt Lake City. Der Verkehr dort haut uns um, fünfspurige Straßen und alle Spuren voll, europäischer Fahrstil, das alles sind wir nicht mehr gewohnt!
Es ist Freitag und schon später Nachmittag, also verschieben wir die Besichtigung der Stadt auf morgen und fahren in den Antelope State Park und bekommen dort tatsächlich ohne Probleme einen Platz, und zwar einen riesigen, weit abseits anderer Camper, mindestens einen Kilometer weit weg, super. Der Park liegt auf einer Insel im Salzsee (so groß wie der Bodensee) und ist über einen 12km langen Damm zu erreichen.
Irmi möchte den Korkeneffekt ausprobieren (das Wasser hat einen Salzgehalt von 26%, da ist Untergehen unmöglich), also Badesachen anziehen und durch den Schilfgürtel und den langen Strand (der See hat sich weit zurück gezogen) an das Wasser wandern. In diesem müssten wir wahrscheinlich noch einmal einen Kilometer oder mehr laufen, bis es tief genug ist, dass man schwimmen kann. Also zurück zum Auto. Während Irmi kocht, kommt ein Ranger und stellt sich als der Parkmanager vor. Er habe das Auto vom Berg aus gesehen und sei neugierig. Wir haben ein angenehmes Gespräch über das Auto, die Reise und den Park, den ich sehr lobe. Dann frage ich, ob wir noch eine Nacht bleiben können. Kein Problem, meint er, er kümmere sich um alles!
Zwei Bisonbullen halten sich in unmittelbarer Nähe unseres Autos auf, einer grast, einer suhlt sich im Sand. Dann kommen sie sich näher, es werden Grunzlaute ausgestoßen und der eine zeigt durch Scharen und Kopf werfen an, dass ihm die Nähe nicht passt. Der andere bleibt stehen, wendet sich grasend ab. Die Situation ist bereinigt. Interessant zu sehen, wie die Tiere kommunizieren.
07.07.12.
Bei der Ausfahrt aus dem Park halte ich an der Rezeption, um die Gebühr für den weiteren Tag zu bezahlen und den Super Platz zu reservieren. Nicht nötig, meint die junge Dame, ihr Boss hätte angewiesen, dass wir KOSTENFREI noch einen Tag bleiben können. Das hat uns doch mehr als überrascht.
In Salt Lake City dann besichtigen wir zuerst das wie immer riesige und monumentale Capitol und wundern uns, dass es offen ist und völlig unbewacht. Selbst die Prunkräume sind offen, es steht zwar ein Schild „Nicht betreten“, aber durch die Türe, die ich einen Spalt breit öffne, können wir einen Blick werfen. Welche Assoziationen wir bei der Architektur und der Bemalung haben, muss ich nicht noch einmal beschreiben!
Die Flaggen der USA und von Utah hängen auf Halbmast und ich frage Besucher, warum. Die Dame kennt die Bedeutung des Flaggens auf Halbmast noch nicht einmal und der Fremdenführer weiß auch nicht, warum. Dann interessiert es uns auch nicht. Wenn es keinen interessiert und keiner weiß, warum, wozu dieses dann sinnlose Ritual?
Weiter zum Tempel der Mormonen, der leider geschlossen ist. Man hat hier einen richtigen Tempelberg geschaffen. Um den Tempel herum zwei! Visitor Center, eine weitere Bethalle, ein riesiges Kongresszentrum mit Theater, Seminargebäude, Wohngebäude für die Seminaristen und, und, und.
Im Visitorcenter wird die Bibel in lebensgroßen Bildern erzählt. Der Stil der Bilder erinnert uns an die Kinderbücher, mit denen in der ersten Klasse Religionsunterricht gemacht wird. Der Gipfel für uns (wahrscheinlich auch für die Mormonen, aber in einem anderen Sinne) ist ein riesiger Kuppelsaal. Die Kuppel ist als Weltall bemalt in dunklem Blau, davor steht eine ca. 3m hohe Jesusfigur. Davor Sessel und Sofas, um in Ruhe und bequem über Jesus im Weltall nachdenken zu können.
Und überall laufen junge Menschen herum mit Abzeichen, die zeigen, welche Sprachen sie sprechen. Man kann sich in vielen Sprachen der Welt den mormonischen Glauben erklären lassen. Wir verzichten und begeben uns in den weltlichen Teil der Stadt. Auch hier ist alles fast antiseptisch sauber, viele Menschen in schwarzen Hosen (es hat 35 Grad) und weißen Hemden jagen jedem Blatt oder Staubkorn hinterher. Ansonsten das Übliche, Geschäfte, die es in diesen Lagen auf der ganzen Welt gibt. Wir brauchen Geld, aber es gibt nur die Zions Bank, die wollen wir nicht, wir werden Alternativen finden.
Es zieht uns wieder in die Ruhe des Parks, dort wollen wir nun endlich den Korkeneffekt ausprobieren, es gibt nämlich einen Badestrand samt Duschen. Auf dem Wege zurück tanke ich (30 Cent billiger als sonst) und habe Probleme mit der Tanke, die will zusätzlich zur Kreditkarte den ZIP-Code haben und den von Hannover akzeptiert sie nicht. Ich bekomme Hilfe von zwei Seiten, alle sehr freundlich, das Problem lässt sich aber nicht lösen, auch nicht mit einem gültigen ZIP-Code oder der Kundenkarte von Walmart. Erst die Bankkarte mit PIN, hier Debit Card genannt, ermöglicht mir das Tanken.
Im Park gehen wir dann ins Wasser, ein tolles Gefühl, einfach so zu liegen ohne unter zu gehen! In Rückenlage liege ich stabil, in Bauchlage nicht, Gott sei Dank. Es soll ja Menschen geben, da ist es umgekehrt.
Unsere Bisons besuchen uns heute nicht, dafür ist eine Antilopenherde (prownhorn antelopes) dort und auf dem riesigen Platz sind wir die einzigen menschlichen Wesen.
08.07.12
Wir fahren strikt in Richtung Norden und fahren immer den HW89 entlang durch unterschiedliche Orte und stellen fest, je größer und gepflegter die Häuser, desto mehr Tabernakel, Bethallen oder wie die Dinger auch heißen mögen gibt es. Manchmal jede 2km einen und vor allen stehen viele Autos. Die Menschen streben in die Hallen, es ist Sonntag. Alle gut angezogen, die Männer immer im weißen, langärmligen Hemd mit Krawatte und schwarzer Hose, manchmal auch Jacke, trotz der Hitze. Und immer viele Kinder dabei. Mormonen sind gegen Alkohol, Tabak, Kaffee und gegen Empfängnisverhütung. Und Aufklärung ist auch ein Fremdwort, in jeder Bedeutung!
Es geht das Tal des Logan River hoch zum Bear Lake, der wegen seines türkisgrünen Wasser berühmt ist. Das Wasser ist tatsächlich türkisgrün, die Landschaft darum herum aber enttäuscht uns, baumlose Berghänge in braun und grau. Und das Wasser ist nicht zugänglich, alles eingezäunt und verrammelt. Private Proberty! Keep out! No Trespassing! Und der kleine, öffentliche State Park überlaufen und voller Boote und Jetskis.
Nichts wie weg!
Wir verlassen Utah und kommen kurz nach Idaho, der See liegt in beiden Staaten. Auch hier gibt es noch Mormonen, in vielen Dörfern sehen wir die Bethallen. Wir passieren Paris (751 Einwohner) ebenso wie Montpellier, etwas größer und es gibt auch Genf!
Dann wechseln wir wieder nach Wyoming und bleiben auf einem einsamen National Forrest Camp Ground stehen.
Wir trinken ein Bier und schauen den Nutrias zu, die vergeblich versuchen, die Mülltonnen zu erklettern. Sie sind aus Farmen ausgebrochen und in manchen Weststaaten schon zur Plage geworden. Ein Gewitter grummelt über uns und ein paar Tropfen zwingen uns dazu, im Auto zu essen.
Es riecht nach Rauch! Es ist unglaublich, es herrscht höchste Waldbrandgefahr und Feuer sind strengstens verboten, es gibt aber immer Idioten, die kümmert das nicht.
Weiter an den Snake River
Freitag, 6. Juli 2012
Weiter nach Utah
05.07.12
Ich gehe in den Green River zum Schwimmen (sehr kühl), es ist wirklich traumhaft schön hier. Dann machen wir uns an den Aufstieg, die 700 Höhenmeter zurück nach oben, was etwa eine Stunde Fahrzeit dauert für die 20km incl. einiger Fotopausen. Der Allrad ist drin, wahrscheinlich nicht nötig, macht die Sache aber stressfrei. Die Straße ist sicher auch ohne Allrad befahrbar, jedoch benötigt man einige Bodenfreiheit, sonst werden die meist trockenen Bachdurchfahrten zum Problem, man setzt mit dem Heck auf. Also ungeeignet für den typischen deutschen Camper mit Frontantrieb und langen Hecküberhang.
Zum Aussichtpunkt Harpers Corner laufen wir ca. 2km und haben von dort einen traumhaften Ausblick auf Teile des Campgrounds 700m tiefer und en Fluss, auf dem Boote zu sehen sind. Es beginnt leicht zu regen und es sind nur noch kühle 20 Grad. Am Visitors Center fragen wir nach der Möglichkeit, den Green River mit dem Boot zu befahren. Typisch amerikanisch unlogisch, wir dürften, aber im Park darf das Boot weder eingesetzt noch aus dem Wasser genommen werden. Das wäre dann eine mehrtägige Bootstour, wir verzichten. Warum kommerzielle Anbieter ab Echo Canyon raften dürfen und warum andere, private Boote ebenso den Fluss herunter kommen, wir erfragen es nicht, es ist sinnlos.
Ich hätte mich zwar über das Verbot hinweg gesetzt, aber der logistische Aufwand war uns dann zu groß, für die ca. 40-50 Flusskilometer hätten wir einige hundert Kilometer mit LKW und Moped zurück legen müssen.
In Vernal sind wir dann in Utah, ein völlig anderer Staat als Colorado. Betriebsam, hektisch, volle Straßen und viel „White Trash“, und unendlich viele bewässerte Felder. Wo bewässert wird, alles Grün, daneben rot oder braun, je nach Erde. In diesem trockenen Land dann auch noch Mais anzubauen, ist Wahnsinn bei dem Wasserbedarf der Pflanze. Jede Pflanze Mais benötigt bis zur Ernte ca. 140ltr Wasser, bei der Bewässerung durch Beregnung gehen 90% des Wassers durch Verdunstung verloren! Also müssen ca. 1400ltr pro Pflanze auf das Feld gebracht werden. Wie lange das wohl die Wasservorräte noch aushalten? Die Kalifornier können bereist ein Lied davon singen.
Die Ölindustrie scheint ein Motor zu sein, wir sehen etliche Bohrtürme und neu erschlossene „Zapfstellen“. Überall Firmen, die das Wort „Oil“ in der Firmenbezeichnung haben.
Leider ist von der im Führer beschrieben Sauberkeit und Ordnung nichts, aber auch gar nichts zu spüren, sie gilt wohl nur für Salt Lake City. Die Anzahl der vermüllten Grundstücke ist deutlich höher als in den vorher bereisten Staaten der Westküste. Wir campen im State Park Starvasion am gleichnamigen Lake nahe Duchesse und sind entsetzt über den Zustand. Überall liegt Müll herum, selbst im Wasser liegen und schwimmen Flaschen und Dosen. So etwas haben wir bisher in USA und Kanada nicht gesehen. Und das im tief religiösen Utah. Wir kommen uns vor wie in Jugoslawien der achtziger Jahre. Das Bad im sicher sauberen Seewasser ist somit ein eingeschränkter Genuss. Und dabei wäre es hier wunderschön, mit feinem Sand und Blick auf die Berge. Den Plan, hier ein paar Tage zu relaxen und den Aerius zu Wasser zu lassen, geben wir auf. Der White Trash hat diesen See fest im Griff und noch einen Tag die vielen, extrem übergewichtigen Eltern und unerzogenen und ebenso übergewichtigen Kinder anschauen, nein danke.
Der Weg nach Utah
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