Auf dem Campingplatz von Crescent City freut sich ein deutsches Paar, die in den Fünfzigern ausgewandert sind, mit uns Deutsch reden zu können. Sie stammen aus Stettin. Sie sind dem Papier nach Amerikaner, aber das Herz sei immer Deutsch geblieben, meinten sie.
Über
Ferndale, einem Ort voller alter, zum Teil hervorragend in Schuss gehaltener
Häuser geht es an die Lost Coast. Es ist wirklich kaum jemand da, kein Wunder,
die Straße dahin ist schmal, steil und schlecht. Eigentlich wollten wir in
Petrolia an der Küste beim Lighthouse übernachten, aber dort war der Wind so
stark und kalt, dass wir uns nur ein paar Kilometer landeinwärts in den Arthur
W Way County Memorial Park verzogen, wo es so warm war, dass wir in den Fluss
zum Baden wollten, aber der hatte zu wenig Wasser.
Am
nächsten Tag geht es durch die riesigen Weinfelder weiter in Richtung San
Franzisko und auf die Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit, das
lange Labour Day Wochenende steht bevor und alle Plätze sind seit Wochen
reserviert.
02.09.12
Unsere Suche nach einem geeignete Übernachtungsplatz nahe San Franzisco und
an der Küste führt uns nach über eine steile und schmale Straße nach Bolinas,
einem ehemaligen Hippiezentrum, wo die Hippie-Kultur noch spürbar sein soll. Na
ja, einige laufen noch rum als wäre sie
Hippies, aber das Alter passt halt nicht mehr. Es gibt auch nette Dinge wie
„Naked Surf Beach“ oder „Jesus is comming, look busy“, aber das Establishment
schaut allen aus den Knopflöchern. Und die Häuserpreise, unter 1,5 Mio ist
nichts zu wollen! Aber einen geeigneten Übernachtungsplatz gibt es nicht. Also
suchen wir weiter und fahren bis an das Ende einer Straße zu einem Parkplatz,
der ist Teil des State Parks Tamalpais. No overnight parking, Camping Permit required. Ein Parkranger kommt, ich frage nach
dem Camping Permit, kein Chance. Er verabschiedet sich in bestem Deutsch, ich
hake nach, er hat Verwandte in Deutschland und ist regelmäßig dort. Obwohl er
der diensthabende Ranger ist und ich ihm unsere Situation schildere, kein
Permit. Typisch Amerikaner, Paragraphenhengste ohne A…. in der Hose. Nur keine eigenständigen
Entscheidungen! Irmi entdeckt in unserem Reiseführer, dass auf dem Tamalpais
ein Zeltplatz ist, auf dessen Parkplatz auch RV’s stehen dürfen. Also nichts
wie hoch. Es ist auch noch Platz, für schlaffe $25 dürfen wir auf dem Parkplatz
übernachten. Und wieder die Unselbstständigkeit der Amerikaner. Der Parkplatz hat
einen oberen Teil und einen unteren, dort sollen die RV’s parken. Der ist
jedoch sehr schräg und wenig geeignet für uns, oben wäre besser. Nein, auf dem
oberen Teil dürfen wir nicht stehen, so sind die Regeln. Wir müssen alle
Bretter, die wir haben, unter die Räder packen, damit wir einigermaßen eben
schlafen können. Diese, von jeder Vernunft befreite Unselbstständigkeit, gepaart
mit der Weigerung, Verantwortung zu übernehmen, macht den Umgang mit dem offiziellen
Amerika zur Nervenprobe. Man fühlt sich wohl, wenn man sich an Regeln,
Paragraphen und Vorgesetzten festhalten kann. Die DDR lässt auch hier grüßen,
nicht nur bei der Einreise!
03.09.12
Wir fahren auf den Gipfel des Tamalpais und laufen dann noch die letzten
Höhenmeter. Trotz der frühen Stunde sind es bereits 27 Grad bei strahlendem
Sonnenschein. Die Bucht und Teile der Stadt jedoch liegen im dichten
Küstennebel. Außer drei Mountainbikern sind wir alleine. Auf dem Weg nach San
Franzisko dann aber, ein Auto nach dem anderen, man strebt der Sonne entgegen.
Unten angekommen, kurz vor der Golden-Gate-Brücke ein Leuchtschild „Heavy Fog“.
Und so ist es, wir fahren über die Brücke, aber wir sehen sie kaum. Trotzdem
sind viele Radfahrer und Fußgänger unterwegs und versuchen, einen Blick auf das
Wasser zu werfen und machen das unvermeidliche Foto, um zu beweisen, man war
da. Und das bei 12 Grad. Wir folgen dem Rat unseres Reiseführers und fahren an
die Marina. Dort ist Parken, zumindest am Sonntagmorgen, kein Problem und es
scheint die Sonne, wenn auch der kalte Wind eine warme Jacke unabdingbar macht.
Wir treffen ein Berliner Paar, das auf einer Bank das Erscheinen der Golden
Gate aus dem Nebel abwartet, bisher sind nur manchmal die Spitzen der Türme zu
sehen. An diesem Tag warten sie vergeblich! Wir machen uns zu Fuß auf in das
Getümmel, das Hafenviertel zu erkunden.
Wir beobachten das Umdrehen der Cable Cars, das wie von je her von Hand geschieht. Auf eine Fahrt verzichten
wir, die Warteschlange ist uns zu lang und in Anbetracht des Arbeitstempos des
am Fahrdienst beteiligten Personals würde es Stunden dauern, bis wir dran
wären. Wir beenden den Tag im Ghiradelli, einer ehemaligen Schokoladenfabrik.
Dort sitzen wir windgeschützt in der Sonne, hören guten Live Jazz, genießen
eine Flasche Wein und beobachten das bunte Treiben um uns herum. Der Nebel über der Bucht rückt näher.
Die Nacht, beschließen wir, werden wir am Rande des Nationalparks Golden
Gate auf einem Parkplatz verbringen in unmittelbarer Nähe der Brücke. Mit der
Dunkelheit kommt auch der Nebel und hüllt uns ein.
04.09.12
Keiner wollte etwas von uns in der Nacht, trotzdem war die Nachtruhe
eingeschränkt, denn ununterbrochen haben die Nebelhörner der Brücken und der
vorbeifahrenden Schiffe getutet. Irmi behauptet, von 3 bis 5 wäre Ruhe gewesen,
also kein Nebel. Warum man in Zeiten von Radar und GPS noch so etwas
Anachronistisches wie ein Nebelhorn betreibt, erschließt sich mir nicht.
Wahrscheinlich kommunizieren sie auch noch mit Flaggensignalen anstatt Funk. Trotz der
einstelligen Temperaturen sind die Jogger und Radfahrer unterwegs und die
ersten belegen auch schon die Picknickplätze im nahen Park. Man darf die
Hoffnung halt nicht aufgeben. Wir fahren
einen Teil des Scenic Drive im Nebel, also kein Scenic. Bei der Suche nach den
Twin Peaks kommen wir dann aus dem Nebel heraus in die höher gelegenen
Stadtteile und sind fasziniert von den engen, steilen Straßen. Selbst im ersten
Gang muss ich noch auf die Bremse, sonst wären wir zu schnell. Der Blick über
die vernebelte Bucht bringt uns dann dazu, in Richtung Yosemite zu starten. Ach
ja, die Golden Gate war wieder im Nebel. Eine nicht endende Autoschlange über
alle jeweils verfügbaren Spuren kommt uns entgegen, San Francisco strömt am
Ende des langen Labour Wochenende zurück. Kurz vor dem Nationalpark übernachten
wir auf einem Gemeindeplatz, dessen übervolle Abfallkörbe die Belastung des
langen Wochenendes zeigen. Wir jedoch sind alleine.
05.09.12
Wir bekommen wie erhofft im Nationalpark auf dem Campingplatz White Wolfe
einen Stellplatz, den wir belegen, um dann weiter in den Park hinein zu fahren
bis auf Tioga Pass hinauf an der Grenze des Parks. Zwischen dem Yosemite Valley
und der Toiga Road brennt es seit Tagen, der Rauch hängt über dem Park und es
riecht würzig nach Kiefernrauch. Die riesigen Granitberge beeindrucken uns
sehr, auf einem kraxeln wir ein paar Meter herum und staunen, wie sich Bäume
und Sträucher dort einen Lebensraum erobert haben, wirklich in der Nische. Am
Campfire dann ist es gegen 9 schon so kühl, dass wir uns in das Auto zurück
ziehen. Einer schwäbischen Familie haben wir noch die gesamte Elektronik von
Kamera bis Laptop aufgeladen, was ein Glück, dass wir auf externe
Stromversorgung nicht angewiesen sind.
06.09.12
Wir fahren nach Yosemite Valley. Der Touristenrummel erinnert uns an den
Königsee oder den Wolfgangsee und er verdirbt den Blick auf die wunderschöne
Landschaft. Nach der obligatorischen Runde durch das Tal fahren wir 1000m in
die Höhe zum Glacier Point, einem wunderbaren Aussichtspunkt über die Berge und
das Tal. Der Half Dome liegt direkt vor uns und Yosemite Valley nur einen
Sprung unter uns, direkt! Hier ist es viel schöner als unten, aus unserer Sicht
kann man sich das Tal schenken. Und dann geht es bergab, immer bergab von 2300m
auf 300m an den Millerton Lake, einem Speichersee kurz vor Fresno in dem
kalifornischen Valley. Gestern Abend hatten wir um 20 Uhr 12 Grad, heute sind es 30 Grad und
die Grillen machen Krach. Das Bad im See ist angenehm, erfrischend aber nicht
direkt.
Erschreckend ist, dass der Speichersee mindestens 20m Pegel verloren hat und
das über viele Jahre, die Wasserstände der vergangenen Jahre sind wie
Jahresringe an den Uferhängen sichtbar.
07.09.12
Erst geht es hinab nach Fresno und dann wieder hinauf in den Sequoia
National Park, den Park der Mammutbäume, die bis zu 3000 Jahre alt sind. Von
300m Höhe auf 2300m Höhe immer gleichmäßig bergauf bei 35 Grad, eine enorme
Belastung für unser Auto, aber er zieht sich hoch. Wir bewundern den größten lebenden
Baum der Welt, genannt General Sherman. Er ist erst ca. 1000 Jahre alt, aber
durch seinen optimalen Standort konnte er sich so „schnell“ entwickeln. Die
wundersame Beschilderung des Weges zum Baum habe ich in Bildern festgehalten.
Dann geht es wieder hinunter in Richtung Three Rivers. Die Straße dürften wir
eigentlich gar nicht fahren, wir sind 3 Fuß zu lang, aber keiner hindert uns.
Sie ist zwar schmal und hat enge Kurven, aber es ist kein Problem für unser
Auto. Wir passieren eine lange, einspurige Baustelle, man baut die Straße neu
in beeindruckender Manier. Die Schalungsleute müssen schwindelfrei sein!
Am Lake Kaweha, rund 1500 Höhenmeter tiefer machen wir Schluss auf einem
Campground, der auf dem Boden des
ausgetrockneten Sees angelegt ist. Der Lake
ist ein Stausee und ebenfalls fast leer. Die Hausboote drängen sich in der
Marina wie Nilpferde in den Wasserresten
des Okavango-Deltas, nur der kam bisher jedes Jahr wieder. Hier scheint
seit vielen Jahren der Wasserstand rückläufig zu sein.
08.09.12
Der Weg führt uns kilometerlang durch Obsthaine, meist Orangen, aber auch
Oliven. Wir überqueren trockene Bäche und Flüsse und ein riesiges Ölfeld. Unglaublich,
wie trocken und verbrannt Kalifornien ist. Von Bakersfield aus geht es vorbei
an dem auch fast trocken gefallenen Lake Isabella über den Walker Pass heran an
das Death Valley. Zuvor aber fahren wir noch nach Lone Pine, vorbei an den
trockenen China Lake und Owens Lake. Kalifornien macht die Augen zu, bewässert
weiter und legt neue Plantagen an, die Wasser verbrauchen, man bewässert in
einfachster Technologie, das meiste Wasser verdunstet. Wie lange das wohl noch gut
geht?
Der Campingplatz hat einen kühlen Pool und zum Aufwärmen einen Jacuzzi,
beides genießen wir und plaudern mit einem schweizer und einem holländischen Paar
über die USA, das Reisen und die nächsten Wahlen
Und da haben wir uns herumgetrieben
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