Samstag, 29. September 2012

Auf den Spuren der Anasazis



29.09.12

Am frühen Morgen bereits steht ein Truck am Eingang des Stellplatzes und Irmi meint, da wird jetzt kassiert. Und recht hat sie. Eine sehr umfangreiche Navajo kassiert 20 Dollar für Overnight Parking, ganz schön happig, was ich auch deutlich zum Ausdruck bringe. Es stört sie gar nicht, sie antwortet, wenn der neue Platz fertig ist, kostet es 80 Dollar. Sie können es sich erlauben, die Touris kommen trotzdem. Wenn wenigstens irgendwo ein Preisschild gewesen wäre. Wir wären trotzdem dort stehen geblieben, aber so kommt man sich doch abgezockt vor. Es passt so perfekt in mein Bild von Indianern, leider. Den stolzen, muskulösen, gut aussehenden und mit Gerechtigkeitssinn ausgestatten Indianer möchte ich gerne mal kennen lernen, aber nicht im Film. Die meisten Navajo sind das genaue Gegenteil, sind übergewichtig, schlampig, unfreundlich und ich habe immer das Gefühl, den Geldbeutel ganz fest halten zu müssen.

Wir fahren den San Juan River entlang nach Osten in den Mesa Verde National Park. Die zwei Pferdekadaver liegen noch immer neben der Straße, am Straßenrand blinken die Glasscherben der aus dem Auto geschmissenen Bierflaschen, es ist eine Fahrt wie durch eine Müllhalde, Indianerland halt.

Der Mesa Verde Park wurde gegründet, weil dort sehr viele Siedlungen der Anasazi bestens erhalten sind. Der Park liegt auf über 2300 m Höhe auf einer Hochebene und bietet traumhafte Ausblicke auf den nahen Rockies. Und er hat Internet!

Wir besichtigen den Cliff Palace, eine Siedlung mit 150 Räumen, ein beeindruckendes Bauwerk unter einem riesigen Felsenvorsprung. Morgen steht dann das Balcony House und das Spruce Tree House auf dem Programm, die anderen Siedlungen sind bereits geschlossen, closed for the season, leider. Diese Siedlungen wurden um 1200 errichtet von Menschen, die noch kein Metall kannten, aber hervorragend mauern konnten. Das kann der moderne Amerikaner nicht mehr, er baut seine Häusern aus Holz, es gibt also auch rückwärts gerichtete Entwicklungen.

Man hat an Knochenresten die DNA der Anasazi ermitteln können, in wieweit sich diese in der jetzigen Population wiederfindet, kann nicht erforscht werden. Die amerikanischen Gesetze lassen freiwillige Massentests nicht zu, erzählt der Ranger, der uns führt. Aus meiner Sicht ist es eine Schande, wie die USA mit ihrer Frühgeschichte umgeht, eine Nation, das sich auch als Forschernation versteht, sollte alles daran setzen, seine Wurzeln zu erforschen. Es ist beschämend, wie wenig man weiß über die Anasazi und wie wenig geforscht wird. Alles, was wir auch im Museum zu sehen bekommen, ist wissenschaftlich kaum belegt. Noch nicht einmal bei den Exponaten stehen Fundort und Alter dabei!

Im Harz hat man vor Jahren in einer Höhle 3000 Jahre alte menschliche Knochen gefunden. Ein freiwilliger Massengentest fast aller Einwohner ergab, drei Menschen sind genetisch mit diesen Frühmenschen verwandt. Warum geht das in den USA nicht? It is a free Country...

Am Abend feiern wir Irmis Geburtstag, wie immer nach deutscher Zeit. Mein Geschenk ist angekommen!



30.09.12

Die Nacht war sehr stürmisch, aber nicht kalt. Wir fahren wieder in den Park, um das Balkony House zu besuchen. Wieder erklärt der Ranger zuerst jeden Schritt, den wir gehen werden und weist auf die potentiellen Gefahren auf diesem Weg hin. Dann zählt er alle Krankheiten auf, die eine Teilnahme fraglich machen. Fußschweiß und ähnliches sind nicht dabei, also gehen wir mit und es lohnt sich mehr als gestern, weil wir nicht nur vor den Bauten stehen, sondern direkt durch sie zum Teil durchkriechen müssen. Wie auch gestern ist es schwer, den Ausführungen des Rangers zu folgen, er spricht sehr schnell und zieht alle Worte zusammen, ein Satz ist ein Wort und das im Singsang der Westküste. Egal, wir haben uns im Internet über die Anasazi informiert, da ja ohnehin nur wenig bekannt ist, wissen wir eigentlich genug, die Bauwerke stehen im Vordergrund.

Danach besichtigen wir noch weiter Bauten, für die kein Führer notwendig ist, selfguided Tours nennt man das hier. Auf dem Weg aus dem Park heraus fällt der Entschluss, wir bleiben noch eine Nacht hier und verbringen einen gemütlichen Nachmittag. Irmi beginnt ihn mit Wäsche waschen und ich mit Abwasser entsorgen und Wasser auffüllen, was sein muss, muss sein. Bis auf den immer noch stürmischen Wind ist das Wetter ein Traum. Morgen geht es dann nach Utah zurück und nach Norden in den Arches National Park. Die Parkdichte in dieser Gegend ist enorm!



Trotz des Windes setzen wir uns noch eine halbe Stunde an das Feuer, zwei Deer, ähnlich unseren Rehen grasen nur wenige Metern Entfernung. Der Wind wird kälter und wir ziehen uns ins Auto zurück, plötzlich ist eine ganze Herde um unser Auto herum, ein Jungtier beäugt neugierig das ausglimmende Feuer.
 


Zum Mesa Verde National Park

Bei den Navajos



27.09.12

Weiter geht es durch den Glen Canyon zum Lake Powell. Unterwegs werden uns Hot Springs offeriert, wir marschieren in ein wunderschönes Tal, grüne Pflanzen vor rotem Fels, blauer Himmel, Bächlein, alles da, nur keine Hot Springs, das Wasser des Baches ist kalt.

Nach einem Kilometer drehen wir um, wir haben die kleine Wanderung nicht bereut. Der Lake Powell ist genau so niedrig wie der Lake Mead. Am Aussichtspunkt trifft eine Meute deutscher Harleyfahrer ein, mindestens dreißig. Es herrscht deutsche Disziplin, die Motorräder werden in Dreierreihe sauber abgestellt, dann wird angetreten zum Informationen fassen, der UvD erklärt die Welt.  Eine Harley wird an der Kante deponiert, antreten zum Fotoshooting.  Fröhlich sahen sie nicht aus, nur einer hat uns zugewinkt, keiner hat sich getraut, die paar Schritte zu unserem Auto zu gehen und mit uns zu reden.

Wir fahren weiter durch das White Valley in Richtung Natural Bridges National Monument. Dass hier Menschen wohnen sieht man nur an den Zäunen entlang der Straße, ansonsten Einsamkeit, kaum ein Auto oder Motorrad, keine Trucks. Utah hat halt 2,7 Mio. Einwohner, davon leben 1,7 Mio. im Großraum Salt Lake City. Und Utah ist so groß wie die alte Bundesrepublik!

Der Campground in Natural Bridges ist voll, kein Wunder, er hat nur 13 Plätze. Kein Problem, wir werden etwas finden in diesem weiten Land. Wir wandern auf steilem Weg über Leitern hinunter zur Sipapu Bridge, der zweitgrößten Naturbrücke der Welt. Und wieder hinauf! Überall Deutsche, Irmi meint, wenn Mallorca das 17. Bundesland ist, sollte Süd-Utah das 18. werden. Ob wir uns das antun sollen? Meine Meinung, eher nein.

Wir bestaunen die Bauten der Anasazi und die Kachina Bridge von oben, zur filigranen und schönsten Bridge, der Owachomo laufen wir wieder hinunter.   Man trifft immer wieder die gleichen Leute und sagt „Hello again“ und kommt ins Gespräch, you are travelling with the yellow rigg? It’s amazing. Das kennen wir schon zur Genüge.

Aus dem Park heraus biegt links eine Gravel Road ab, bei Nässe nicht passierbar steht auf einem Schild. Die nehmen wir und nach 3km finden wir einen Platz, groß genug für unser Auto und einigermaßen eben. Ich hole die Liegen heraus, Feierabend. Und wenn es heute Nacht nicht regnet, kommen wir auch wieder den Berg hoch auf die Straße, ansonsten versinken wir im roten Schlamm und müssen warten, bis alles abgetrocknet ist. Die tiefen Reifenspuren auf der Road sprechen eine eindeutige Sprache, aber es waren Jeeps, keine Zehntonner. Der Wassertank ist voll, der Kühlschrank ebenso, also, was soll uns passieren? Sobald die Sonne einen nicht mehr bescheint wird es kalt, wir sind 2000m hoch, also ab ins warme Auto und bloggen, Bilder aussortieren usw. Es gibt immer was zu tun.

28.09.12

Die Nacht war unglaublich ruhig, erst die Standheizung hat mich geweckt. Es ist keine Wolke am Himmel und in der Sonne kann man im Freien frühstücken. Immerhin sind wir 2000m hoch. Die Fahrt geht in Richtung Monument Valley zu den Navajos. Zuerst aber müssen wir über den Moqui Dugway absteigen, ein Schilderwald warnt vor den Gefahren und es ist eine Höchstgeschwindigkeit von 8km/h!! erlaubt, large and overweight vehicles sind verboten, was immer large und overweight heißt. Gut, die Straße ist nicht steil, sie ist breit, aber die Abgründe neben der Straße sind kompromisslos, sie sind senkrecht, wer die Straße verlässt, ist verloren. Leitplanken gibt es nicht. An einer Spitzkehre belieb wir stehen, zwei Paare aus Holland machen Pause, sie sind mit Fahrrädern unterwegs. Sie sind in unserem Alter und von unglaublicher Kondition und Zähigkeit. Wir füllen ihre Wasservorräte auf mit unserem frischem, kühlem Quellwasser und wünschen Ihnen eine gute Weiterreise. Dann kommt ein Eriba-Wohnmobil den Berg hoch, wir denken, es sind die Wiesbadener, die wir in Vancouver getroffen hatten, aber es sind wieder Holländer, sie haben Ihr Auto mit dem gleichen Schiff verschickt wie wir. So klein ist die Welt.

Hinter Mexican Hat kommen wir ins Navajo Land, es ist sofort sichtbar, der Müll am Straßenrand ist ein deutliches Zeichen für Indianerland, leider. Später sehen wir noch zwei tote Pferde am Straßenrad liegen. An der Kreuzung zum Monument Valley behauptet die verantwortliche Navigatorin, es geht nach rechts, also fahren wir nach rechts. Irgendwann hört die Teerstraße auf und eine Sandstraße beginnt mit zum Teil sehr tiefen Sand. Von Monuments keine Spur, dafür viele typische Indianerbehausungen mit entsprechend Müll und Schrott. Und keine Monuments! Wir kehren um und fahren endlich zum Visitor Center und von dort auf der unglaublich schlechten Straße zu den beeindruckenden Monuments. Die meisten Besucher machen diese Tour auf den Jeeps der Navajos, eine Tortur, die Jeeps sind offen, man schluckt also den Staub der anderen Fahrzeuge und die Fahrer heizen über das Wellblech und die Steine, da würde selbst mir schlecht. Wir ziehen gemächlich über die Piste, trotzdem schaukelt es gewaltig. Wir werden von den Jeeps überholt, meist johlen uns die Touris zu und halten den Daumen hoch. Manchmal bedanken wir uns mit dem Presslufthorn, dann johlen sie noch mehr.

Der Tag endet auf einem Stellplatz vor dem Parkeingang, dort plauschen wir mit einem Paar aus Lübeck. Es ist ihr erster Urlaub in den USA und sie brauchen dringend ein paar Tipps von uns. 

Route der letzten zwei Tage

Mittwoch, 26. September 2012

Durch das Escalante Monument zum Capitol Reef National Park



25.09.12

Es hat die ganze Nacht gewittert und geregnet, was zumindest meinen Schlaf doch beeinträchtigt hat. Als erstes geht es in das Kodachrome Bassin. Dort ist es ganz nett, aber die Farben von gestern erreicht es nicht, trotz des hochtrabenden Namens. Auch hier überall Spuren des starken Regens in der Nacht, die unbefestigte Straße hinunter zum Grand Canyon ist gesperrt. Weiter geht es auf der 12 in das Escalante National Monument, einer unglaublich weiten und leeren Landschaft, die erst in den dreißiger Jahren erschlossen und kartographiert wurde, die Straße wurde während der großen Depression als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gebaut. An einer Stelle ist die Straße auf einem Kamm angelegt, der kaum breiter als diese ist, links und rechts tiefe, steile Abhänge ohne Leitplanken. Im Winter möchte ich die nicht fahren. Es ist kaum Verkehr, dieser Teil der USA ist noch nicht im Focus des Massentourismus.

In Boulder besichtigen wir die Ausgrabungen der Anasazi, die hier vor den Navajo bis ca. 1100 n.Chr. gelebt haben. Der DNA nach stammten sie aus Kolumbien und haben einige hundert Jahre dort gesiedelt. Warum sie verschwunden sind, ist noch nicht erforscht. Die Navajo tauchten erst um 1500 dort auf, mussten auf Überreste dieser Siedler gestoßen sein und nannten sie Anasazi, was so viel bedeutet wie „Feinde der Vorfahren“.

Dann schrauben wir uns weiter in die Höhe bis auf 2700m im Dixie National Forrest, hier  ist es schon lausig kalt, 7°C zeigt das Außenthermometer, immer wieder sind Regentropfen auf der Scheibe. Und das erste Laub färbt sich bereits gelb und rot, der Sommer ist vorbei hier. Wir entscheiden uns für einen Campground auf 2350m Höhe, da ist es schon wieder etwas wärmer, ein Campfire ist angemessen, an dem wir bis zum Einbruch der Dunkelheit sitzen. Erst waren wir alleine auf dem riesigen Platz, später kamen noch ein paar Rennradler samt Begleitfahrzeug und ein junges Paar mit Zelt. Welch ein Genuss nach den turbulenten National Parks. Mal sehen, wie kalt es heute Nacht wird und ob morgen die Standheizung mit der Höhe zurechtkommt. 


26.09.12

Die Nacht war nicht so kalt wie erwartet und die Heizung hat ihren Dienst getan. Wir stehen auf Teer, also nütze ich die Gelegenheit, um die wichtigsten Schmierstellen an Kardanwelle und Federn mit Fett zu versorgen. Ich ziehe also den Blaumann an und klettere unter das Auto. Prompt kommt der Fahrer des Begleitfahrzeuges und fragt, ob ich ein größeres Problem habe, no, I only grease something. Er hält mich trotzdem auf und seine Frau Irmi. Nachdem ich noch das Fahrerhaus gekippt habe, etwas Öl nachgekippt und einen prüfenden Blick auf den Motor geworfen habe, geht es unter die Dusche und dann los. Unser nächstes Ziel ist der Capitol Reef National Park, wieder ein Naturwunder in vorherrschend rot. Wir fahren den Scienic Drive, um dann am Ende das Auto abzustellen und in die immer enger werdende Schlucht hinein zu wandern und wieder heraus. Butch Cassidy, der berüchtigte Bank-und Zugräuber hat sich angeblich hier versteckt, deshalb heißt eine Naturbrücke Cassidy Arche, sie ist uns zu hoch oben. Als Übernachtungsort haben wir uns Hanksville ausgesucht, ein verlassenes Nest in ebenso einer Gegend. Kaum haben wir den Park verlassen, ändert sich die Landschaft vom warmen rot, gelb und braun in grau bis hin zu schwarz. Viele Grautöne, Loriot hätte seine Freude daran. Auch der Fremont River, der anfangs im satten Rot neben uns her floss, ist nun eine graubraune Brühe. Aber der Campground hat Internet und die Sonne scheint. 

Weiter in Richtung Lake Powell